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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Und es finden sich noch <strong>im</strong> 19. Jh. Konkordate, in denen das kirchliche <strong>Asylrecht</strong><br />

abgehandelt wird. Sowohl das österreichische Konkordat von 1855 (Art. 15) als auch das<br />

ecuadorianische von 1862 (Art. 10) best<strong>im</strong>men, dass das kirchliche <strong>Asylrecht</strong>, soweit es<br />

mit der öffentlichen Sicherheit <strong>und</strong> der Rechtspflege verträglich sei, gewahrt werden<br />

solle. 328 Art. 15 der Vereinbarung zwischen Seiner Heiligkeit Papst Pius IX. <strong>und</strong> Seiner<br />

kaiserlich-königlichen Apostolischen Majestät Franz Joseph I., Kaiser von Österreich, vom<br />

18. August 1855 lautet: 329 „Damit dem Hause Gottes, welcher der König der Könige <strong>und</strong> der<br />

Herrscher der Herrschenden ist, die schuldige Ehrerbietung bezeigt werde, soll die Immunität der Kirchen<br />

in so weit beobachtet werden, als die öffentliche Sicherheit <strong>und</strong> die Forderungen der Gerechtigkeit es<br />

verstatten.“ Durch die Betonung der beiden Elemente „Ehre für das Haus Gottes“<br />

(entspricht der reverentia loci) sowie Immunität (<strong>im</strong>munitas) der Kirchen als heilige Orte <strong>und</strong><br />

dadurch, dass der Begriff „Immunität“ hier ganz offenbar als Bezeichnung des kirchlichen<br />

<strong>Asylrecht</strong>s verwendet wird, wird deutlich, dass das <strong>Asylrecht</strong> der Kirche gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

aufrechterhalten werden soll.<br />

Artikel 10 des Konkordats zwischen Seiner Heiligkeit Papst Pius IX. <strong>und</strong> dem<br />

Präsidenten der Republik Ecuador vom 26. September 1862 ist wortgleich mit Art. 15<br />

des österreichischen Konkordats, enthält aber noch einen Zusatz, der die<br />

Zusammenhänge (auch diejenigen zum kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>) verdeutlicht: 330 „Damit dem<br />

Hause Gottes, welcher der König der Könige <strong>und</strong> der Herrscher der Herrschenden ist, die schuldige<br />

Ehrerbietung bezeigt werde, soll die Immunität der Kirchen insoweit gewahrt werden, als die öffentliche<br />

Sicherheit <strong>und</strong> die Erfordernisse der Justiz es erlauben; in einem solchen Fall gestattet es der Heilige<br />

Stuhl, daß die kirchliche Autorität, die Pfarrer <strong>und</strong> Ordensoberen der Ordenshäuser dem Gesuch der<br />

weltlichen Autorität entsprechen <strong>und</strong> ihr die Erlaubnis erteilen, diejenigen, die sich in die heiligen<br />

Gebäude geflüchtet haben, herauszuholen.“<br />

Ferner fanden <strong>und</strong> finden sich in einigen Konkordaten ähnliche Regelungen,<br />

insbesondere hinsichtlich der Unverletzlichkeit von kirchlichen Räumlichkeiten.<br />

328 Vgl. Hinschius, S. 388, Fn. 1 (der aber das österreichische Konkordat fälschlicherweise auf 1835 datiert)<br />

<strong>und</strong> v. Scherer, Bd. 2, S. 643, Fn. 71.<br />

329 AKathKR 1 (1857), S. X. Statt „Forderungen der Gerechtigkeit“ wäre aber die Übersetzung mit „Erfordernisse<br />

der Justiz“ naheliegender. Die lateinische Fassung (in: AKathKR 1 (1857), S. X sowie Mercati, Bd. 1, S. 824)<br />

lautet: „Ut honeretur domus Dei, qui est Rex Regum et Dominus Dominantium, sacrorum templorum <strong>im</strong>munitas<br />

servabitur, in quantum id publica securitas et ea, quae iustitia exigit, fieri sinant.“<br />

330 Übersetzung vom Verf. Die lateinische Version (in: Mercati, Bd. 1, S. 988) lautet: „Ut honeretur domus Dei,<br />

qui est Rex Regum et Dominus Dominantium, sacrorum templorum <strong>im</strong>munitas servabitur in quantum id publica securitas<br />

et ea, quae iustitia exigit, fieri sinant, atque in hoc casu Sancta Sedes consentit ut auctoritas ecclesiastica, Parochi, nec non<br />

Praelati domorum regularium ad Gubernii petitionem tribuant veniam, ut extrahantur qui ad sanctas aedes confugerint.“<br />

Die spanische Fassung (ebenfalls in: Mercati, Bd. 1, S. 988) hat folgenden Wortlaut: „Por respeto á la majestad<br />

de Dios que es Rey de Reyes y Señor de Señores será respetada la inmunidad de los templos en cuanto lo permitan la<br />

seguridad pública y las escijencias de la justicia. En tal caso la Santa Sede consiente que la Autoridad eclesiástica, los<br />

Parrocos y Prelados de las casas regulares, den, á solicitud de la Autoridad civil el permiso respectivo para la extraccion de los<br />

refugiados.“ Der Art. 10 der neuen Version des Konkordats zwischen Ecuador <strong>und</strong> dem Heiligen Stuhl vom<br />

2. Mai 1881 (in: Mercati, Bd. 1, S. 1006 f.) übernahm den Wortlaut der ursprünglichen Version, ohne<br />

Veränderungen anzubringen.<br />

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