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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Demgegenüber spricht vieles dafür, in den geschilderten humanitären Fällen das<br />

diplomatische Asyl als zum allgemeinen Völkergewohnheitsrecht zugehörig zu<br />

betrachten. Der Schutz der Menschenrechte gebietet es den Staaten, entsprechende<br />

Maßnahmen zu ergreifen. In best<strong>im</strong>mten Fällen kann es erforderlich sein, gefährdete<br />

Menschen durch Gewährung diplomatischen Asyls zu schützen.<br />

Der Schutz der Menschenrechte gehört zu den Hauptzielen der Vereinten<br />

Nationen, 171 er ist unabhängig von völkerrechtlichen Verträgen ein Bestandteil der<br />

Völkerrechtsordnung geworden 172. Dementsprechend hat auch der IGH mehrmals die<br />

f<strong>und</strong>amentale Bedeutung der Menschenrechte unterstrichen. 173 Ebenso hat das<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>im</strong> Botschaftskonten-Fall 1977 den „menschenrechtlichen<br />

Mindeststandard“ dem allgemeinen Völkerrecht zugerechnet. 174 Mittlerweile besteht nicht<br />

nur „eine Tendenz, ein Mindestmaß an allgemeinen Menschenrechten unabhängig von<br />

vertraglichen Bindungen anzuerkennen“, wie Verdross/S<strong>im</strong>ma 175 meinen. Der Schutz der<br />

Menschenrechte geht über eine bloße „matter of international concern“ 176 hinaus. Vielmehr ist<br />

es heute <strong>im</strong> Völkerrecht nahezu allgemein anerkannt, daß die Anerkennung <strong>und</strong> Achtung<br />

der gr<strong>und</strong>legenden Menschenrechte zum ius cogens (unabdingbare Normen des<br />

Völkerrechts) gehört. 177 Die vertraglichen Pflichten, die ein Staat mit der Unterzeichnung<br />

eines Menschenrechtsabkommens übern<strong>im</strong>mt, übern<strong>im</strong>mt er gegenüber allen<br />

Signatarstaaten, also erga omnes. Dies führt dazu, dass jeder Unterzeichnerstaat jede<br />

Menschenrechtsverletzung als eine internationale Angelegenheit behandeln darf;<br />

umgekehrt kann sich ein Staat, der seine eigenen Staatsangehörigen menschenrechtswidrig<br />

behandelt, nicht mehr darauf berufen, dies sei eine innere Angelegenheit, in die sich<br />

andere Staaten nicht einmischen dürften. 178<br />

Aus der völkerrechtlichen Verpflichtung der Staaten zum Schutz der Menschenrechte<br />

folgt jedenfalls ihr Recht, eine Verletzung der Menschenrechte zu verhindern. Nicht nur <strong>im</strong> Falle<br />

eines Bürgerkrieges oder einer Revolution können die Menschenrechte einzelner<br />

Personen in Gefahr sein. Daher muss den Staaten zumindest das Recht zugestanden<br />

170 Völkerrecht, S. 505.<br />

171 Vgl. dazu näher K<strong>im</strong>minich/Hobe, Völkerrecht, S. 340; Wiener Erklärung <strong>und</strong> Aktionsprogramm der<br />

Weltkonferenz der Vereinten Nationen über Menschenrechte v. 25. Juni 1993, EuGRZ 1993, S. 520 ff.<br />

172 Hailbronner, in: Beitz/Wollenschläger, Handbuch des <strong>Asylrecht</strong>s, Bd. 1, S. 128.<br />

173 Vgl. z.B. Urteil v. 24. Mai 1980 <strong>im</strong> Teheraner Geiselfall, C.I.J. Recueil 1980, S. 42, Ziff. 91 (Übersetzung vom<br />

Verf.): „.... Menschen mißbräuchlich ihrer Freiheit zu berauben <strong>und</strong> sie unter elenden Bedingungen körperlichem Zwang zu<br />

unterwerfen, ist offenk<strong>und</strong>ig unvereinbar mit den Gr<strong>und</strong>sätzen der Charta der Vereinten Nationen <strong>und</strong> mit den<br />

Gr<strong>und</strong>rechten, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt sind. ...“<br />

174 BVerfGE 46, 342 ff., 362 ff.<br />

175 S. 39.<br />

176 Verdross/S<strong>im</strong>ma, S. 162 f.<br />

177 Ipsen, S. 161 f. m. w. Nachw. Ebenso Verdross/S<strong>im</strong>ma, S. 76 f.<br />

178 K<strong>im</strong>minich/Hobe, Völkerrecht, S. 348.<br />

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