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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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der Menschenrechte muss abgewogen werden mit dem Interesse an sofortiger<br />

Vollziehung der Abschiebung.<br />

Bischof Wolfgang Huber definiert <strong>Kirchenasyl</strong> folgendermaßen: 140 „<strong>Kirchenasyl</strong> ist eine<br />

subsidiäre Handlung von Gemeinden, durch die ein Versagen unseres Gemeinwesens<br />

gegenüber elementaren Menschenrechten notdürftig <strong>und</strong> zeitlich befristet ausgeglichen<br />

werden soll.“ Allgemein anerkannt sein dürfte der Satz: „Der Staat darf niemanden<br />

sehenden Auges in den Tod schicken“. Wenn staatliche Behörden z.B. der Meinung sind,<br />

dass keine Gefahren für den Flüchtling vorliegen, gleichzeitig aber Kirchengemeinden<br />

Informationen haben, dass dennoch eine Gefahr besteht, so darf der Staat dies nicht<br />

ignorieren.<br />

Wenn den <strong>Kirchenasyl</strong> Gewährenden Beweise oder zumindest weitere ernsthafte<br />

Hinweise darauf vorlägen, dass den Kurden in ihrer He<strong>im</strong>at <strong>im</strong> Falle der Abschiebung<br />

eine Gefahr für Leib <strong>und</strong> Leben drohte, müssten diese berücksichtigt werden. Einerseits<br />

verfügen die Kirchen über ein weltweit gespanntes Informationsnetz. Der ehemalige<br />

Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Klaus Engelhardt,<br />

drückte dies so aus: „Die Kirchen haben sich auf dem Gebiet „Umgang mit Fremden“<br />

besondere Kompetenz erworben. Sie haben auf Gr<strong>und</strong> ihrer ökumenischen Beziehungen<br />

Kenntnisse über die Situation in den He<strong>im</strong>atländern der Flüchtlinge. Teilweise sind sie<br />

sachk<strong>und</strong>iger als staatliche Stellen.“ 141 Es ist erforderlich, dass sich die <strong>Kirchenasyl</strong><br />

Gewährenden tatsächlich näher über die Verfolgungssituation <strong>im</strong> Herkunftsland<br />

informieren. Die Fluchtgeschichte mag glaubwürdig klingen, muss aber nicht der<br />

Wahrheit entsprechen. Andererseits kann es auch nicht auszuschließen sein, dass die<br />

Begründungen, die die Ablehnung des Asylgesuchs tragen, unvollständig oder mangelhaft<br />

sind. Daher wird zu fordern sein, dass diejenigen, die <strong>Kirchenasyl</strong> gewähren, sich<br />

genauere Informationen über die aktuelle Situation der jeweiligen Volksgruppe <strong>im</strong><br />

He<strong>im</strong>atland besorgen, z.B. bei der Gesellschaft für bedrohte Völker, amnesty<br />

international oder anderen Menschenrechtsorganisationen. Wenn sich aufgr<strong>und</strong> dieser<br />

beschafften Informationen aus der Sicht der Kirchengemeinde herausstellen sollte, dass<br />

den Flüchtlingen <strong>im</strong> Falle der Abschiebung Gefahren für Leib oder Leben drohen, <strong>und</strong><br />

die Kirchengemeinde daraufhin <strong>Kirchenasyl</strong> gewährt (oder das bereits begonnene<br />

<strong>Kirchenasyl</strong> aufrechterhält), dann folgt aus Art. 4 GG ein verfassungsunmittelbares<br />

Abschiebungshindernis.<br />

140 Huber, <strong>Kirchenasyl</strong> <strong>im</strong> Konfliktfeld zwischen Kirche <strong>und</strong> Staat, in: Evangelische Akademie Mülhe<strong>im</strong>/Ruhr<br />

(Hrsg.), „...denn er birgt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit.“ (Psalm 27,5). B<strong>und</strong>estreffen der<br />

<strong>Kirchenasyl</strong>initiativen (1995), S. 47 ff., 50.<br />

141 Vgl. Unterstützerkreis <strong>Kirchenasyl</strong> Weißenburg (Hrsg.), Leben in Angst, S. 177 ff., 179; Kommission XIV<br />

Migration der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Hilfe <strong>und</strong> Schutz bedrohter Menschen <strong>im</strong> Einzelfall, (58), S.<br />

20 <strong>und</strong> (74.4), S. 24. Schlag (in: Zeitschrift für Evangelische Ethik 1996, S. 38 ff., 49) geht ebenfalls davon<br />

aus, von kirchlicher Seite aus könnten - etwa aufgr<strong>und</strong> bestehender ökumenischer Kontakte - zusätzliche<br />

Kenntnisse über das jeweilige Herkunftsland des von Abschiebung Bedrohten gewonnen werden, die<br />

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