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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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3. Kapitel: <strong>Kirchenasyl</strong><br />

A. <strong>Kirchenasyl</strong> <strong>im</strong> <strong>demokratischen</strong> <strong>Rechtsstaat</strong>? - Vereinbarkeit des faktischen<br />

<strong>Kirchenasyl</strong>s für Nichtdeutsche mit staatsrechtlichen Normen<br />

Wenn das <strong>Kirchenasyl</strong> – wie erläutert - nicht als Erscheinungsform des kirchlichen<br />

<strong>Asylrecht</strong>s betrachtet werden kann, bleibt nur die Möglichkeit, es als Erscheinungsform<br />

sui generis anzusehen. Ob die heutige Praxis der Gewährung von <strong>Kirchenasyl</strong> <strong>im</strong> Einklang<br />

mit den Prinzipien des <strong>demokratischen</strong> <strong>Rechtsstaat</strong>es <strong>und</strong> den weiteren<br />

Verfassungsprinzipien steht, soll <strong>im</strong> folgenden eingehend untersucht werden.<br />

I. Das <strong>Kirchenasyl</strong> als vor polizeilichem Zugriff geschützter Raum?<br />

1. Kirchliche Räumlichkeiten als „Wohnung“ i.S.v. Art. 13 GG?<br />

Der Wohnungsbegriff des Art. 13 Abs. 1 GG 1 erfasst Haupt- <strong>und</strong> Nebenwohnräume,<br />

aber auch kultusbezogene Räume wie Kirchen oder Kapellen. 2 Daher gehören alle Räume<br />

der Kirchengemeinde zur Wohnung, auch die Gebetsräume. In der Regel werden die<br />

Flüchtlinge aber nicht in den eigentlichen Gebets- <strong>und</strong> Gottesdiensträumen<br />

untergebracht, sondern in Nebenräumen, die zum Teil sogar nach ihrer ursprünglichen<br />

Zweckbest<strong>im</strong>mung dem Wohnen dienen. Auf Art. 13 GG können sich auch öffentlichrechtlich<br />

organisierte Religions- <strong>und</strong> Weltanschauungsgemeinschaften berufen, sofern sie<br />

nicht staatliche Hoheitsgewalt ausüben; sind sie <strong>im</strong> letzteren Bereich ihrerseits an die<br />

Gr<strong>und</strong>rechte geb<strong>und</strong>en, so befinden sie sich bei der Ausübung ihrer ihnen nicht vom<br />

Staat verliehenen Kirchengewalt außerhalb der Gr<strong>und</strong>rechtsbindung. 3 Kirchengemeinden<br />

sind damit <strong>im</strong> Hinblick auf Art. 13 GG ebenso gr<strong>und</strong>rechtsberechtigt wie natürliche<br />

Personen.<br />

Art. 13 Abs. 2 GG schützt vor Durchsuchungen, also dem „ziel- <strong>und</strong><br />

zweckgerichtete(n) Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur<br />

Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von<br />

sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will“ 4. Oder - anders formuliert: 5<br />

Durchsuchung ist das Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen, die sich in<br />

1 Vgl. zur Bedeutung des Gr<strong>und</strong>rechts des Art. 13 GG <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Gewährung von<br />

<strong>Kirchenasyl</strong> auch Kraus, in: Guth/Rappenecker (Hrsg.), S. 69 f.<br />

2 Berkemann, in: Wassermann (Hrsg.), AK-GG, Art. 13, Rn. 23.<br />

3 Kunig, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, Art. 13, Rn. 9.<br />

4 BVerfGE 76, 83 ff., 89.<br />

5 Pieroth/Schlink, Gr<strong>und</strong>rechte Staatsrecht II, Rn. 878.<br />

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