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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Nordstaaten aus. US-amerikanische Kirchengemeinden nahmen Zentralamerikaner (v.a.<br />

Salvadorianer <strong>und</strong> Guatemalteken) auf, um sie dem Deportationsverfahren der<br />

Ausländerbehörde zu entziehen <strong>und</strong> so eine zwangsweise Rückführung in die<br />

bürgerkriegszerrütteten Länder Zentralamerikas zu verhindern, in denen die<br />

Menschenrechte mit Füßen getreten wurden. 111 Nicht nur Kirchengemeinden <strong>und</strong> -<br />

mitglieder, sondern auch Kommunen <strong>und</strong> drei Staaten (New York, New Mexico <strong>und</strong><br />

Massachusetts) erklärten sich zu Sanctuaries <strong>und</strong> verweigerten die Zusammenarbeit mit<br />

der Einwanderungsbehörde. 112<br />

Die Sanctuary-Bewegung wiederum konnte zum einen an den „Undergro<strong>und</strong><br />

Railroad“ des 19. Jh. anknüpfen, zu dem sich - allerdings <strong>im</strong> Untergr<strong>und</strong> -<br />

Kirchengemeinden, Universitäten <strong>und</strong> Privathaushalte vernetzten. Der „Undergro<strong>und</strong><br />

Railroad“ („Untergr<strong>und</strong>-Eisenbahn“) war so in der Lage, entflohene Sklaven Schritt für<br />

Schritt aus den Südstaaten (in denen die Sklaverei noch nicht abgeschafft war) in die<br />

freien Nordstaaten oder nach Kanada zu bringen. 113<br />

Zum anderen nahmen während des Vietnamkrieges in den 60er Jahren des 20. Jh.<br />

zahlreiche Kirchen <strong>und</strong> Universitäten Deserteure <strong>und</strong> Kriegsdienstverweigerer auf; dies<br />

beruhte auf rein politischen Motiven, nicht - zumindest nicht in erster Linie - auf<br />

religiösen. 114<br />

Wie seine Vorgänger, so konnte (<strong>und</strong> wollte) sich auch die Sanctuary-Bewegung der<br />

80er Jahre des 20. Jh. nicht auf ein (kirchliches) Recht zur Asylgewährung stützen.<br />

Ähnlich wie die Sanctuary-Bewegung (auch Graswurzelbewegung genannt) breitete<br />

sich auch in Europa seit den frühen 80er Jahren ein <strong>Kirchenasyl</strong>-Netzwerk aus, das z.B.<br />

die deutsche B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V., die schweizerische<br />

Aktion für abgewiesene Asylbewerber (AAA), die INLIA (Internationales Netzwerk<br />

lokaler Initiativen für Asylsuchende) in den Niederlanden oder das Flüchtlingsforum in<br />

Österreich umfasst. Mit der Sanctuary-Bewegung hat die <strong>Kirchenasyl</strong>-Bewegung der<br />

Sache nach aber nicht viel gemein.<br />

In Österreich tauchte das Stichwort „Kirche als Asyl“ erstmals <strong>im</strong> Jahre 1988 auf;<br />

dabei ging es jedoch lediglich darum, nachdem die Auffanglager Asylbewerber ohne<br />

Einreisevisum nicht mehr aufnahmen, diese durch die Aufnahme in kirchliche Räume in<br />

Traiskirchen vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, woraus sich dann die zunehmende<br />

Bereitstellung von sog. Notquartieren durch Kirchengemeinden ganz Österreichs<br />

ergab. 115<br />

111 Stukenborg, S. 19 <strong>und</strong> S. 50 ff.<br />

112 Stukenborg, S. 20 <strong>und</strong> 38 ff.<br />

113 Dazu näher Stukenborg, S. 126 ff.<br />

114 S. dazu Stukenborg, S. 131 f.<br />

115 Rauchwarter, S. 11 f.<br />

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