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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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werden, in allen Fällen möglicher Verletzung von Menschenrechten diplomatisches Asyl<br />

in der Form humanitären Asyls zu gewähren. 179<br />

Entgegen Hailbronner 180 ist heute die Gewährung diplomatischen Asyls aus dem<br />

allgemeinen Völkergewohnheitsrecht herleitbar, wenn es sich um eine<br />

menschenrechtswidrige politische Verfolgung handelt. Das Völkerrecht hat in den letzten<br />

Jahrzehnten eine Wandlung dergestalt durchlaufen, dass das Eintreten für die<br />

Menschenrechte nicht mehr als Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates<br />

angesehen wird. Dann ist es nur konsequent, wenn dieser Gr<strong>und</strong>satz in die Praxis<br />

umgesetzt wird <strong>und</strong> die Menschenrechte auch durch aktives Eingreifen verteidigt werden,<br />

wo es nötig ist. Der Entsendestaat ist daher nach allgemeinem Völkerrecht jedenfalls<br />

berechtigt, den in seine Mission geflüchteten Personen bei akuter Bedrohung von Leib<br />

<strong>und</strong> Leben oder Gefährdung deren Menschenrechte humanitäres Asyl zu gewähren. 181<br />

Dies bedeutet, dass der Empfangsstaat nicht die Auslieferung des Flüchtlings verlangen<br />

kann.<br />

Die Berechtigung zur Aufnahme bedrohter Menschen <strong>im</strong> Botschaftsgebäude kann<br />

allerdings nicht ohne jede Einschränkung gelten. Zum einen sind best<strong>im</strong>mte Personen<br />

vom Schutz ausgenommen: gemeine Verbrecher sind dem Empfangsstaat zu<br />

überstellen. 182 Zum anderen kann nur solange Schutz gewährt werden, als die Gefahr <strong>und</strong><br />

Bedrohung für ein Menschenrecht (z.B. Gefahr für Leib oder Leben) andauert.<br />

Selbst wenn diese Auffassung jedoch abgelehnt werden sollte, so bedeutet dies zwar<br />

eine Pflicht zur Auslieferung des Flüchtlings an die Behörden des Empfangsstaates.<br />

Verweigert die Botschaft dies jedoch, dann darf der Empfangsstaat wegen der<br />

Unverletzlichkeit des Botschaftsgebäudes dennoch nicht mit Gewalt darin eindringen, um<br />

den Flüchtling herauszuholen <strong>und</strong> festzunehmen. 183 Sollten die diplomatischen Privilegien<br />

durch die Asylgewährung verletzt worden sein, so bleibt dem Empfangsstaat <strong>im</strong>mer noch<br />

die Möglichkeit, dies auf diplomatischem <strong>und</strong> auf völkerrechtlichem Wege geltend zu<br />

machen. 184<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zum Schutz der Menschenrechte ein<br />

diplomatisches <strong>Asylrecht</strong> <strong>im</strong> völkerrechtlichen Gewohnheitsrecht verankert ist.<br />

Zahlreiche Menschenrechtserklärungen <strong>und</strong> -pakte werden ergänzt durch allgemeine<br />

Regeln des Völker(gewohnheits)rechts, die den Schutz der Menschenrechte betreffen. Die<br />

179 Gegen die Ableitung des Rechts zur Gewährung diplomatischen Asyls aus den allgemeinen<br />

Menschenrechten: v. Pollern, Das moderne <strong>Asylrecht</strong>, S. 95 f.<br />

180 In: Beitz/Wollenschläger, Handbuch des <strong>Asylrecht</strong>s, Bd. 1, S. 75.<br />

181 Die Frage einer völkerrechtlichen Verpflichtung ist hier nicht zu erörtern.<br />

182 Meyer-Lindenberg/Seidl-Hohenveldern, in: Seidl-Hohenveldern, Lexikon des Rechts - Völkerrecht, S. 68.<br />

183 Hailbronner, in: Beitz/Wollenschläger, Handbuch des <strong>Asylrecht</strong>s, Bd. 1, S. 75; a.A. K<strong>im</strong>minich, <strong>Asylrecht</strong>, S. 35.<br />

184 Vgl. Hailbronner, in: Beitz/Wollenschläger, Handbuch des <strong>Asylrecht</strong>s, Bd. 1, S. 75<br />

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