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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Mehrere Autoren haben in der Tat den Versuch unternommen, das kirchliche<br />

<strong>Asylrecht</strong> aus anderen Best<strong>im</strong>mungen des CIC/1983 herzuleiten. 274<br />

Vorausgeschickt sei, dass der neue Codex ein kirchliches <strong>Asylrecht</strong> nicht ausschließt.<br />

Der CIC/1983 erkennt weiterhin an, dass es „heilige Orte“ gibt, nämlich Kirchen,<br />

Kapellen <strong>und</strong> Privatkapellen, Heiligtümer, Altäre <strong>und</strong> Friedhöfe (vgl. can. 1205 ff.<br />

CIC/1983). Ein kirchliches <strong>Asylrecht</strong> wäre auch mit can. 1210 CIC/1983 vereinbar, da<br />

die Asylgewährung - wie auch nach dem CIC/1917 - keine Handlung darstellt, die mit der<br />

Heiligkeit des Ortes unvereinbar wäre. 275<br />

aa) Can. 1213/CIC 1983<br />

Unter der Geltung des neuen CIC könnte das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> zunächst aus dem<br />

weiter oben bereits erwähnten can. 1213/CIC 1983 hergeleitet werden, nach dem die<br />

kirchliche Autorität ihre Vollmachten <strong>und</strong> Aufgaben an heiligen Orten frei ausübt. Dafür<br />

hat sich vor allem Guth ausgesprochen. 276 Nach can. 6 § 2 CIC/1983 seien die neuen<br />

Canones, soweit sie altes Recht wiedergeben, auch unter Berücksichtigung der<br />

kanonischen Tradition zu würdigen. 277 Ein gewichtiges Argument für die Verankerung<br />

des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s in can. 1213 CIC/1983 liefert die Quellenausgabe des<br />

CIC/1983: hier wird nämlich angegeben, dass can. 1213 auf den cann. 1160 <strong>und</strong> 1179<br />

beruht. 278 Es wird also zum einen ausdrücklich auf denjenigen Canon Bezug genommen,<br />

der zuvor explizit <strong>und</strong> ausschließlich das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> geregelt hat.<br />

Zum anderen wird aber die Immunität der heiligen Orte (can. 1160 CIC/1917) wenn<br />

nicht aufgegeben 279, so doch wesentlich abgeschwächt. Allerdings gilt der in can. 1213<br />

274 Z.B. Riedel-Spangenberger (<strong>Asylrecht</strong>, in: dies., Gr<strong>und</strong>begriffe des Kirchenrechts, S. 41 f., hier S. 41): „Der<br />

Sache nach ist der Rechtsschutz durch kirchliches Asyl in anderen Best<strong>im</strong>mungen geregelt.“; ferner<br />

Roßkopf, AWR-Bulletin 1996, S. 101; vor allem aber Guth, in: Guth/Rappenecker (Hrsg.), S. 47 ff., 50 ff.<br />

275 A.A. Riedel-Spangenberger TThZ 100 (1991), S. 139. Baldus (NVwZ 1999, S. 717) schreibt, trotz Abschaffung<br />

des kanonischen <strong>Asylrecht</strong>s sei eine seiner Wurzeln <strong>im</strong> CIC/1983 insofern erhalten geblieben, als nach<br />

can. 1210 CIC/1983 Gewaltanwendungen jeder Art verboten seien, darunter auch die polizeiliche<br />

Durchsuchung <strong>und</strong> Verhaftung von Personen gegen den Willen der zuständigen Kirchenorgane. Wäre dies<br />

richtig, so bestünde das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> auf der Gr<strong>und</strong>lage des can. 1210 CIC/1983 fort (<strong>und</strong> diesen<br />

Schluss zieht Baldus gerade nicht!). Es spricht jedoch mehr dafür, die polizeiliche Durchsuchung <strong>und</strong><br />

Verhaftung in Kirchen als mit can. 1210 CIC/1983 vereinbar anzusehen.<br />

276 In: Guth/Rappenecker (Hrsg.), S. 47 ff., 51. Vgl. auch Kirby, S. 188 <strong>und</strong> Robbers, AöR 113 (1988), S. 39. Theler<br />

(S. 32 f.) zieht die cann. „1210 bzw. 1213“ CIC/1983 zur Begründung des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s heran<br />

<strong>und</strong> folgert aus der Geltung der Best<strong>im</strong>mungen gegenüber jedermann, dass hierunter auch die<br />

Asylgewährung der Kirchen fällt. In can. 1375 CIC/1983 sieht er sogar eine Strafbewehrung, die auch eine<br />

Verletzung des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s unter Strafe stellt (Theler, S. 33). Theler blendet dabei aber die<br />

Tatsache völlig aus, dass in can. 1179 CIC/1917 das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> ausschließlich für Straftäter<br />

normiert war.<br />

277 Guth, in: Guth/Rappenecker (Hrsg.), S. 47 ff., 51.<br />

278 Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici Authentice Interpretando, Codex Iuris Canonici, S. 329.<br />

279 So aber Walf, S. 226.<br />

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