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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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aus, 123 da <strong>Kirchenasyl</strong> als christliche Beistandspflicht gerade nicht Ausübung eines<br />

<strong>Asylrecht</strong>s ist.<br />

bb) Art. 16 a GG<br />

Das <strong>Kirchenasyl</strong> kennt zwei Komponenten: einerseits die zeitweilige Aufnahme von<br />

abgewiesenen <strong>und</strong> von Abschiebung bedrohten Asylbewerbern in kirchlichen Räumen<br />

(„Gemeinde-Asyl“), damit diese in ihrem Herkunftsland nicht (wieder) Opfer von<br />

(ungerechter) Verfolgung oder Tötung werden; andererseits will es auch die Überprüfung<br />

bzw. Korrektur einer als ungerecht empf<strong>und</strong>enen Asylgesetzgebung <strong>und</strong> -praxis bewirken.<br />

Nicht jedoch bedeutet <strong>Kirchenasyl</strong> aus der Sicht der <strong>Kirchenasyl</strong> Gewährenden die<br />

Inanspruchnahme oder Gewährung eines <strong>Asylrecht</strong>s. In Art. 16 a GG ist das<br />

Asylmonopol des Staates gr<strong>und</strong>gelegt. Wenn nun aber <strong>Kirchenasyl</strong> keine<br />

Asylgewährung ist, wird durch die Praxis des <strong>Kirchenasyl</strong>s das Asylmonopol des Staates<br />

in keiner Weise tangiert. 124<br />

In der Geschichte war entscheidend, dass das Asyl in der Kirche <strong>und</strong> durch die Kirche<br />

gewährt wurde. Heute ist das pr<strong>im</strong>äre Ziel nicht der Schutz in Kirchenräumen, in denen<br />

die Abzuschiebenden nur vorübergehende Aufnahme finden, sondern Asyl bzw.<br />

zumindest ein Bleiberecht auf dem Gebiet der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland.<br />

Es geht be<strong>im</strong> <strong>Kirchenasyl</strong> nicht um die allgemeine Kompetenz zur Feststellung, wer als<br />

politisch Verfolgter anerkannt wird <strong>und</strong> wer mangels Verfolgung in seinen He<strong>im</strong>atstaat<br />

zurückkehren muss. Dem Staat soll nicht die Regelungskompetenz abgesprochen werden<br />

oder ein spezifisches Verfahren aufgezwungen werden. 125<br />

Jedoch ist es nicht auszuschließen, dass <strong>im</strong> Einzelfall <strong>Kirchenasyl</strong> Gewährende besser<br />

beurteilen können, ob die Abschiebung eine reale Gefahr darstellt oder nicht.<br />

Insbesondere in Härtefällen gewähren Kirchengemeinden <strong>Kirchenasyl</strong>. Dies können -<br />

müssen aber nicht - Fälle sein, in denen der Staat hätte Asyl gewähren müssen.<br />

<strong>Kirchenasyl</strong> ist der Versuch, durch Interventionen zu versuchen, in Einzelfällen zu<br />

humanitären Lösungen zu gelangen.<br />

123 A.A. Beckstein, in: Joisten (Hrsg.), epd-Bayern Dokumentation 7/1996, S. 24. Demgegenüber geht Burkhardt<br />

(S. 30) sogar davon aus, <strong>im</strong>mer öfter werde es erforderlich sein, bedrohte Menschen durch einen<br />

vorübergehenden Schutz in einer Kirche zu schützen; durch die Entscheidung des<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts habe das <strong>Kirchenasyl</strong> eine neue Legit<strong>im</strong>ation bekommen.<br />

124 Vgl. dazu auch Kraus, in: Guth/Rappenecker (Hrsg.), S. 58 ff., 63 f.<br />

125 Pospischil, S. 27. Dies verkennt v. Münch, NJW 1995, S. 565 f., 566, wenn er schreibt: „Gewähren ein<br />

Pfarrer oder Mitglieder einer Kirchengemeinde Asylbewerbern Zuflucht, so setzen sie an die Stelle des<br />

staatlichen Asylanerkennungsverfahrens ihr eigenes Verfahren: die in Art. 16 a GG <strong>und</strong> <strong>im</strong><br />

Asylverfahrensgesetz aufgestellten Rechtsregeln werden damit in diesem Fall außer Kraft gesetzt.“ Dieser<br />

Ansatz setzt ein - heute nicht mehr vorhandenes! - kirchliches <strong>Asylrecht</strong> mit eigenem kirchlichem<br />

Asylverfahren voraus <strong>und</strong> ist daher verfehlt. Die Kirche setzt nicht etwa „ihr <strong>Asylrecht</strong>“ gegen das vom<br />

Staat gewährte <strong>Asylrecht</strong>!<br />

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