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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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dem Kontingentvorschlag liege das bemerkenswerte Eingeständnis, dass es Härtefälle<br />

gebe, für die sich Christen mit gutem Recht einsetzten; zugleich aber machte der deutlich,<br />

es sei nicht Aufgabe der Kirche, darüber zu entscheiden, wer bleiben könne <strong>und</strong> wer<br />

nicht. 386 Im Januar 1996 bezeichnete er die geplante gesetzliche Umsetzung des<br />

Kichenkontingent-Vorschlags als „illusionär“. 387 Anfang April 1996 ließ Beckstein<br />

verlauten, sein Kirchenkontingent-Vorschlag könne nicht mehr realisiert werden. 388 Nach<br />

der am 29. März 1996 von den Innenministern beschlossenen Altfallregelung für<br />

ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt in Deutschland sei für Alleingänge<br />

einzelner Länder <strong>im</strong> Bereich der Härtefallregelungen kein Raum mehr. Deshalb sei sein<br />

Kontingent-Vorschlag jetzt „vom Tisch“. Im übrigen hätten sich die beiden großen<br />

Kirchen gegenüber seinem Vorschlag sehr zögernd bis gänzlich ablehnend verhalten. 389<br />

Der Vorschlag Becksteins erfuhr zum Teil sogar heftige Ablehnung. Die BAG „Asyl in<br />

der Kirche“ lehnte ihn kategorisch ab: der Schutz für politisch Verfolgte sei Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong><br />

Menschenrecht, Sache des Staates, <strong>und</strong> könne nicht privatisiert werden. 390<br />

Auf der Tagung des Ökumenischen <strong>Kirchenasyl</strong>netzes Bayern Anfang 1999 sprach<br />

sich allerdings der Erzabt des Benediktinerklosters St. Ottilien, Notker Wolf, dafür aus, den<br />

Kirchenkontingentvorschlag von Innenminister Beckstein neu aufzugreifen. 391<br />

B<strong>und</strong>esinnenminister Otto Schily sagte Anfang 1999 in einem Interview: 392 „... Ich kann<br />

mir vorstellen, daß man humanitären Organisationen künftig ein Kontingent gibt, daß sie sich <strong>im</strong><br />

Rahmen dieses Kontingentes um die Härtefälle kümmern können. ... Es geht darum, humanitären<br />

Organisationen in gewissem Umfang die Entscheidungsbefugnis in Härtefällen zu übertragen.“<br />

Der bayerische evangelische Landesbischof Hermann von Loewenich signalisierte<br />

daraufhin Gesprächsbereitschaft, insbesondere zur Lösung der sog. (<strong>Kirchenasyl</strong>-<br />

)Altfälle. 393<br />

Von ganz ungefähr kommt der Kontingent-Vorschlag nicht. Zum einen ist dem<br />

deutschen Ausländerrecht die Kontingentaufnahme nicht fremd. Zum anderen hatten<br />

Abgeordnete <strong>und</strong> die Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN bereits am 17.4.1996 <strong>im</strong><br />

B<strong>und</strong>estag den Antrag „Menschenrechtlich orientierte Asyl- <strong>und</strong> Flüchtlingspolitik“<br />

386 Vgl. Die Zeit v. 21.7.1995, S. 4.<br />

387 Vgl. Joisten (Hrsg.), epd-Bayern Dokumentation 7/1996, S. 19.<br />

388 Dazu Joisten (Hrsg.), epd-Bayern Dokumentation 7/1996, S. 22 f.<br />

389 Ablehnend die Katholische Kirche, skeptisch die Evangelische Kirche, s. SZ v. 15./16.7.1995, S. 36.<br />

390 Just, Wenn politisch Verfolgte keinen Schutz mehr bei uns finden ..., in: Rosen (Hrsg.), Flucht, S. 65.<br />

391 SZ v. 22.3.1999, S. L 7.<br />

392 SZ v. 7.1.1999, S. 11.<br />

393 SZ v. 12.1.1999, S. L 8.<br />

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