Der Auslandskorrespon<strong>de</strong>nt in Borns "Die Fälschung" siehtsich <strong>de</strong>r Schwierigkeit gegenüber, daß sich beobachteteGeschehnisse in seinen eigenen Artikeln <strong>de</strong>r Kontrolleentziehen und zu "gefälschten" Nachrichten wer<strong>de</strong>n. Er spürtganz <strong>de</strong>utlich, daß die Sätze, die er im Libanon unter <strong>de</strong>mEindruck existentieller Bedrohung zu Papier bringt, inDeutschland eher zur Sensationsbefriedigung aufgenommenwer<strong>de</strong>n - und daß auf diesem falschen Bild die Vorstellungvom Bürgerkrieg basiert.Er ist sich nicht einmal sicher, ob das, was er erlebt, dieganze Wahrheit ist:"Laschen erschien das alles als ein wichtigtuerischesKriegsspiel, über das er schreiben sollte, damit essich in <strong>de</strong>r Reportage als Wirklichkeit entpuppte." 437 )Er ist hin- und hergerissen zwischen einem "Mangel an Empörung"über die alltägliche Brutalität im Bürgerkrieg 438 )und <strong>de</strong>r für ihn doch immer wie<strong>de</strong>r unfaßbaren Grausamkeit,die sich in Einzelereignissen manifestiert 439 ). Weil Laschenmeint, diese Grausamkeiten immer distanzierter zu erleben,hat er ein schlechtes Gewissen."Laschen empfand einen Groll gegen sich, als er wie<strong>de</strong>rnur zusah (...). So empfindlich du auch gebliebenbist, von Kindheit an, so bist du als ein Berichterstatterdoch zu einem empfindungslosen Monstrum gewor<strong>de</strong>n.(...)" 440 )Als er das Gefühl hat, persönliche Anteilnahme nur nochsimulieren zu können 441 ), beschließt er, <strong>de</strong>n Berufaufzugeben: Er kündigt.Ähnlich wie bei Josefa Nadler wird journalistisches Scheiternzunächst an einer bestimmten Story festgemacht, weilsich die persönliche Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>m Konfliktstoffdaran gut ver<strong>de</strong>utlichen läßt. Letztlich liegen dieProbleme, auch bei Theo Overbeck und Brigitte Klump 442 ),aber tiefer: Der eigentliche Grund für diese Protagonisten,437) Nicolas Born: Die Fälschung, a.a.O., S. 56438) ebenda, S. 178439) zum Beispiel die Exekution: ebenda, S. 180.440) ebenda, S. 186441) ebenda, S. 188442) Unter <strong>de</strong>r Voraussetzung, daß <strong>de</strong>r Roman autobiographischist.
auf verschie<strong>de</strong>ne Arten auszusteigen, liegt in <strong>de</strong>r mangeln<strong>de</strong>nMöglichkeit, im Journalismus persönliche I<strong>de</strong>aleumzusetzen. 443 )Das Bild <strong>de</strong>s vermeintlich so freien und selbstbestimmtenJournalismus wird hier stark relativiert.So ist es auch beim Rundfunkredakteur Feldmann in JürgenBreests "Dünnhäuter".Feldmann hat Spaß an seiner Arbeit, obwohl sich die Euphorieseiner Anfangszeit im beruflichen Alltag inzwischengelegt hat. 444 ) Aber er ist ein gewissenhafter und liberalerRedakteur und Abteilungsleiter, <strong>de</strong>r seine Mitarbeitergegenüber <strong>de</strong>n Vorgesetzten in Schutz nimmt. 445 )Solchen Schutz könnte er allerdings bald selbst brauchen,<strong>de</strong>nn als ihm ein Beitrag verboten wird, wagt er sich aus<strong>de</strong>r Deckung heraus und nimmt offen Stellung für die gefähr<strong>de</strong>tePressefreiheit. Als er am eigenen Leibe erfährt, wieEntscheidungen in <strong>de</strong>r Rundfunkanstalt nach politischenErwägungen gefällt wer<strong>de</strong>n, läuft er Sturm, ohne die Sinnlosigkeiteines solchen Amoklaufs zu be<strong>de</strong>nken:"'Meine Pflicht ist es, ein anständiger Mensch zubleiben und solche Machenschaften mit Verachtung zustrafen, jawohl, mit Verachtung. Ich bin kein Arschkriecherwie Herr Noltenius.'" 446 )Er rechnet nicht damit, wie schnell und fast reibungslossich das politisch geprägte System 'Rundfunk'eines solchenEinzelprotestes entledigt: Feldmann wird zunächst mehrfachermahnt, dann schließlich abgeschoben.Auch bei dieser Figur zeigt sich I<strong>de</strong>alismus mit Naivitätgepaart: Feldmann kann nicht zwischen I<strong>de</strong>alismus und Pragmatismusabwägen. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen,die sich an Nie<strong>de</strong>rlagen gewöhnt haben und sich als "Stehaufmännchen"verstehen. 447 ) Mit <strong>de</strong>r trotzigen Art <strong>de</strong>ssen,<strong>de</strong>r unbedingt Recht bekommen will, stellt er sich quer:"'Ich wer<strong>de</strong> mir das nicht gefallen lassen.'" 448 )Feldmann steht mit diesem unbedingten Medieni<strong>de</strong>alismusallein, <strong>de</strong>nn seine Kollegen glauben nicht mehr an eine443) Wenn auch diese Zwänge verschie<strong>de</strong>ne Ursachen haben:Bei Overbeck und Klump sind sie politisch, bei Laschenliegen sie eher an <strong>de</strong>r gesellschaftlichen Bedingungen<strong>de</strong>s Journalismus allgemein.444) Jürgen Breest: Dünnhäuter, a.a.O., S. 9, 39445) ebenda, S. 18446) ebenda, S. 143447) ebenda, S. 73448) ebenda, S. 134
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Darstellungen des Journalismusin de
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Mit dieser Untersuchung möchte ich
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"1. Pressewesen;2. Sammelbezeichnun
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2. Vorliegende Untersuchungen zum T
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das er ausführlich vorstellt und a
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Lilienthal schreibt in seiner Kriti
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"definierte sich als elitärer Füh
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werden muß. 50 ) Tatsächlich wert
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"Der Romanjournalist ist frei von d
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gang diskutiert - in der Literatur
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Auswahltätigkeiten vorproduzierter
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wieder durch zunehmenden politische
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gleitet wurde 92 ), wird seit 1984
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noch weit stärker als in den öffe
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Meinung eigenverantwortlich zu äu
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Somit bestehen in Deutschland zwei
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4. Journalismus als Arbeitsfeld des
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die Technik der "Neuen Medien" wird
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sagte: Füttere mich, Klatschklatsc
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Überstunden." 141 )Anders in "Big
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"(...) aber für kaum einen unter u
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Damit rückt Feldmann auf eine Stuf
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Bild der Protagonist von seinem Che
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untersuchten Erzähltexten nicht. O
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Aber auch hier gilt letztlich das W
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ansehen.'" 190 )Schon in "Doktor Mu
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"Im Alberto, wie vorher im Da Bruno
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Vor allem Born, Meckel, Walser und
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auf dem Posten sein, hat er dann ge
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einem ganz anderen Beruf: Springer
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erträgliches Maß überschritten w
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8. ZusammenfassungDie dieser Arbeit
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Der Typ des "Gerissenen" stellt ein
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9. Anhang9.1. PrimärtexteJürgen B
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Michael Springer: Bronnen, Hamburg
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Stefan Pannen: Die machtlosen Meinu
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Zustände. 'Der Ausstieg' von Gert
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Werner Lambertz: Probleme der weite
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Uwe Schultz: Der Mensch auf der Flu
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Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9