Vor allem Born, Meckel, Walser und Ebert zeigen diemoralische Auseinan<strong>de</strong>rsetzung ihrer Protagonisten mit <strong>de</strong>mWahrheitsbegriff und seiner nur begrenzt möglichen Umsetzungim journalistischen Alltag.Bei Nicolas Born steht <strong>de</strong>r moralische Konflikt <strong>de</strong>s Nahost-Korrespon<strong>de</strong>nten Laschens im Zentrum <strong>de</strong>r Handlung.Laschen lei<strong>de</strong>t darunter, daß sich die von ihm erlebte Wirklichkeitim Libanon nicht angemessen in Zeitschriftenartikelfassen läßt. Der Titel <strong>de</strong>s Romans, "Die Fälschung",gibt Laschens Urteil über die eigene Arbeit wie<strong>de</strong>r: Weil ernicht in <strong>de</strong>r Lage ist, die Stärke seiner Empfindungenschriftlich zu vermitteln, bleiben die Artikel seiner Ansichtnach unwirklich und verlogen:"Er haßte die eigenen Berichte, ohne bisher mit <strong>de</strong>mHaß in sich zu dringen, er haßte sie beson<strong>de</strong>rs, wennsie fertig waren und gedruckt, dann sah er sich selbstin <strong>de</strong>n Sätzen sitzen und feixen, obszöne zwei<strong>de</strong>utigeWinke geben, sich hindurchschlagen und hindurchbehaupten,schwören, etwas gesehen zu haben, jenen Tod, jeneWun<strong>de</strong>, er, ein einzelner, mitgestorben zu sein, hineingestarrtzu haben in die Gefahr, in <strong>de</strong>n unverständlichenAbgrund." 202 )Was Laschen als täglich neuen Existenzkampf im unübersichtlichenBürgerkrieg erlebt, wird in seinen Manuskripten zumewig gleichen beliebigen Geschehen, es bedarf immer neuer,immer schrecklicherer Detailschil<strong>de</strong>rungen, um aus <strong>de</strong>mscheinbar höhepunktslosen Überlebenskampf Nachrichten zumachen. So sind Laschen und <strong>de</strong>r Fotoreporter Hoffmann auchständig auf <strong>de</strong>r Suche nach autentischem Lei<strong>de</strong>n und Tod,Leichen wer<strong>de</strong>n zum Beleg für Laschens Schil<strong>de</strong>rungen:"Er wußte, daß er eine Arbeit, wenn er sie schonmachte, richtig machen sollte, und das hieß ehrlicheArbeit, Einsatz. Er mußte überall zur Stelle sein,wenn jemand starb, je<strong>de</strong>n Einzelfall mußte er dokumentieren,er war hier zu etwas verpflichtet, zum Hinsehen."203 )In<strong>de</strong>m Born diesen Konflikt eines Reporters zeigt, weist erauf ein grundsätzliches Problem <strong>de</strong>r Medien hin: Sie machenspektakuläres Geschehen, also auch massenhaften Tod, konsumierbar.Gleichzeitig besteht die Ten<strong>de</strong>nz, daß andauern<strong>de</strong>Vorgänge, auch wenn sie noch so drastisch sind, ständigdurch neue Nachrichten verdrängt wer<strong>de</strong>n.Durch die Verlagerung dieses allgemeinen Phänomens auf eine202) Nicolas Born: Die Fälschung, a.a.O., S. 54203) ebenda, S. 144
spezielle Situation und die fiktive Person Laschens wir<strong>de</strong>ine neue Sensibilisierung für <strong>de</strong>n Konflikt ermöglicht.Laschens moralische Be<strong>de</strong>nken sind direkt nachvollziehbar,sein Unvermögen, das Gesehene und Gefühlte in immer neueWorte zu fassen, kann direkt miterlebt wer<strong>de</strong>n.Schließlich beginnt Laschen, selbst abzustumpfen, er kanndas Miterlebte nicht mehr in ursprünglicher Intensität empfin<strong>de</strong>n.Er ist "als Berichterstatter (...) zu einem empfindungslosenMonstrum gewor<strong>de</strong>n." 204 ) Laschen beginnt, bewußtund damit quasi doppelt zu fälschen:"Es war fortan ein bezugloses Sehen, er hätte auch sagenkönnen, ein reines Sehen. Und wo waren die Gefühle,die Wahrheiten <strong>de</strong>s eigenen Körpers geblieben,wo die Schmerzen, das heillose und untröstliche Mitgefühl,die, wenn schon, ohnmächtige Wut, die wüten<strong>de</strong>Trauer um das Leben <strong>de</strong>r Welt, um das Leben von dirselbst, Laschen, die dich nie<strong>de</strong>rwerfen müßte in <strong>de</strong>nStaub. (...) So mußte er weiter sein Berufsbild erfüllenund sich unter Aufbietung von Kräften an Gefühleerinnern und sie simulieren." 205 )Während Laschen in <strong>de</strong>r Lage ist, sich fortwährend selbstkritisch zu überprüfen, Be<strong>de</strong>nken zu formulieren undschließlich eine Schlußfolgerung zu ziehen - er kündigt -,ist <strong>de</strong>r Redakteur Klaus Buch in Martin Walsers "Ein fliehen<strong>de</strong>sPferd" 206 ) zwar zu kritischer Selbstsicht fähig,zeigt nach außen aber ein geschöntes Berufsbild vor.Auch Klaus Buch plagen Selbstzweifel, auch er glaubt, seineArtikel seien Fälschungen, wenn auch diese Art <strong>de</strong>r Fälschungeine an<strong>de</strong>re Qualität hat.Buch hat ein schlechtes Gewissen, weil er seine Berichteangestrengt in quälen<strong>de</strong>r Langsamkeit produziert, während ernach Außen <strong>de</strong>n Eindruck müheloser Leichtigkeit zu erweckensucht. Im Vergleich zu Laschens inhaltlichen Be<strong>de</strong>nken istdieser Konflikt eher an <strong>de</strong>r Oberfläche <strong>de</strong>r journalistischenProduktion angesie<strong>de</strong>lt, <strong>de</strong>nnoch verstrickt sich Buch inseinen moralischen Be<strong>de</strong>nken wie in einer Falle: er istnicht mehr in <strong>de</strong>r Lage, seine Probleme mitzuteilen. Erstdurch Helene, seine Frau, erfährt man von <strong>de</strong>n SelbstzweifelnBuchs:"Es war nichts als eine Schin<strong>de</strong>rei. Je<strong>de</strong>n Tag zehn,zwölf Stun<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r Maschine. Auch wenn er nichtschreiben konnte, hockte er an <strong>de</strong>r Maschine. Ich muß204) ebenda, S. 186205) ebenda, S. 188206) Martin Walser: Ein fliehen<strong>de</strong>s Pferd, Novelle, Frankfurta.M. 1980
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das? Nimm ihn zurück, ich hab ihn
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nehmen und deshalb einseitige Beric
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Er ist ständig bemüht, den über
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vor sich herträgt, läßt ihn läc
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weil ihm meine Nase nicht paßt (..
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er sich um seine Rückkehr in der R
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"Das Projekt Eden" und Blumer aus O
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erträgliches Maß überschritten w
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9. Anhang9.1. PrimärtexteJürgen B
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Michael Springer: Bronnen, Hamburg
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Stefan Pannen: Die machtlosen Meinu
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Zustände. 'Der Ausstieg' von Gert
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Werner Lambertz: Probleme der weite
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Uwe Schultz: Der Mensch auf der Flu
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Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9