tion <strong>de</strong>s Schreiben<strong>de</strong>n mit körperlich sichtbaren Kennzeichen<strong>de</strong>utlich zu machen. Die geschil<strong>de</strong>rte Person ist mit zwischen<strong>de</strong>n Schultern hängen<strong>de</strong>m Kopf in sich gekehrt; dieAnstrengung wird durch hacken<strong>de</strong> Bewegung und Schweißange<strong>de</strong>utet, die gerollte Zunge zeigt angestrengtes Nach<strong>de</strong>nken.Der Schreiben<strong>de</strong> ist total in seine Arbeit vertieft, er erscheintwie im Rausch, <strong>de</strong>m einige Protagonisten ein wenignachhelfen, in<strong>de</strong>m sie sich einen "kleinen Arbeitsrausch" 259 )antrinken. Otto F. Walter schil<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Zustand als"Schreibzwang" 260 ), Jost Nolte schreibt von einer "ArtTrip" 261 ); gemeint ist wohl das Gleiche.Allerdings bleiben solche Schlagworte allenfalls An<strong>de</strong>utungen,<strong>de</strong>nn sie wer<strong>de</strong>n nicht mit konkreten Schil<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>rSchreibarbeit gefüllt.An<strong>de</strong>rs verfahren Michael Springer, Hinrich Matthiesen undNicolas Born. Sie zeigen <strong>de</strong>tailliert bis in einzelne Formulierungenhinein die Anstrengung ihrer Jornalisten, aus <strong>de</strong>nRecherchenotizen Artikel zu produzieren.Springer zeigt in Seebaum einen Berufsanfänger, <strong>de</strong>r imLaufe <strong>de</strong>r Handlung mit <strong>de</strong>r Routine <strong>de</strong>s Lokaljournalismusbekannt gemacht wird. In<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n Redakteur Koll <strong>de</strong>mzunächst hilflosen Seebaum unter die Arme greifen läßt,wird die Textproduktion im Lokaljournalismus in Einzelheiten<strong>de</strong>utlich:"Seebaum spannte ein Blatt ein und überlegte. Wie beginnen?Koll schnaubte, kam um <strong>de</strong>n Tisch und sah ihmüber die Schulter. 'Los', drängte er, 'das erledigtsich doch im Schlaf. Also: Auf <strong>de</strong>r gestrigen Sitzung<strong>de</strong>s Finanzausschusses - Sie wissen, wir erscheinenmorgen, also ist heute gestern - auf seiner gestrigenSitzung befaßte sich <strong>de</strong>r Finanzausschuß mit zweiheißen Themen. Es ging um einen Spielplatz an <strong>de</strong>r Redlichstraße- schreiben Sie, Mann, wir haben keineZeit!' Seebaum begann mit zwei Fingern zu tippen, Kolldrängte ihn weg und setzte sich an die Masdchine. Erdiktierte sich selbst und ratterte mit zwei Fingernwin<strong>de</strong>seilig über die Tasten: 'An <strong>de</strong>r Redlichstraße',er rieb sich mit einem Finger <strong>de</strong>n Nasenflügel; dasmußte er oft tun, <strong>de</strong>r Nasenflügel war rot und glänzte,'einem Dauerthema <strong>de</strong>r Gruhmer Kommunalpolitik. (...)Außer<strong>de</strong>m', er wndte sich um, sichtlich stolz auf die259) Günter Seuren: Die Asche <strong>de</strong>r Davidoff, Reinbek beiHamburg 1985, S.15260) Otto F. Walter: Die Verwil<strong>de</strong>rung, a.a.O., S. 94261) Jost Nolte: Eva Krohn..., a.a.O., S. 343
Routine, mit <strong>de</strong>r er über ein Ereignis berichten konnte,an <strong>de</strong>m er nicht teilgenommen hatte: 'Wer hat <strong>de</strong>nnfür die PFAV gesprochen?' Seebaum zuckte verlegen dieAchseln.Koll seufzte, wandte sich <strong>de</strong>r Maschine zu und formulierte:'Außer<strong>de</strong>m, so die PFAV, stehe <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rnlängs <strong>de</strong>r Redlichstraße <strong>de</strong>r ganze Amselpark zur Verfügung.'Koll zählte die Zeilen, murmelte: 'Zu lang',rieb die Nase und fuhr fort: 'Dagegen hatte die PECHeinzuwen<strong>de</strong>n, daß dies die Kin<strong>de</strong>r zum Überqueren gefährlicherVerkehrsa<strong>de</strong>rn wie <strong>de</strong>r Haupt- und <strong>de</strong>r Mühlenstraßezwingt...' - 'Aber das haben die PECH-Leutenicht gesagt', warf Seebaum ein.Koll schlug auf <strong>de</strong>n Tisch: 'Traurig genug, wenn sie zufaul waren! - ...zwingt, und verwies auf mehrere hun<strong>de</strong>rtUnterschriften (...)'.'So', sagte Koll zufrie<strong>de</strong>n und zählte die Zeilen.'Viel zuviel', murmelte er und strich mehrere Zeilenaus.Sebaum sah auf die Uhr: Koll hatte sieben Minuten gebraucht.(...)" 262 )Nach sieben Monaten ist Seebaum so perfekt wie Koll, erkann quasi ohne Nachzu<strong>de</strong>nken Lokalberichte schreiben undfunktioniert in <strong>de</strong>r Redaktion unterschiedslos zu <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>renRedakteuren:"Sein Stil verlor die persönlichen Spuren, durch dieseine Arbeit aufgefallen war. Er schrieb jetzt flüssigesZeitungs-Freiländisch." 263 )Ähnlich <strong>de</strong>tailliert schil<strong>de</strong>rt Matthiesen, wie <strong>de</strong>r ReporterHanno Fries <strong>de</strong>n Beginn seiner Story auszuformulieren sucht.Er arbeitet für eine Zeitschrift, steht also nicht ganz soextrem unter Zeitdruck und kann seine Formulierungen genauerüber<strong>de</strong>nken. So schreibt er auch zunächst mit <strong>de</strong>rHand, streicht seine Sätze mehrfach und sucht nach passen<strong>de</strong>nFormulierungen mit <strong>de</strong>m richtigen "Sound" 264 ).Was zunächst nicht gelingen will, kommt am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Unterhaltungsromansdoch noch zu einem positiven Abschluß: Diebei<strong>de</strong>n Reporter-Freun<strong>de</strong> Fries und Stefan Hentrich formulierengemeinsam an ihrer Story, von <strong>de</strong>r Matthiesen allerdingsnur Werkstattproben wie<strong>de</strong>rgibt: "Natürlich schrieb Stefanseine Geschichte an<strong>de</strong>rs (...)" 265 ).Am genauesten wird die Textproduktion von Born beschrieben.Hier wer<strong>de</strong>n nicht nur einzelne Textpassagen wie<strong>de</strong>rgegeben,son<strong>de</strong>rn auch Vorüberlegungen und die Gedankengänge während262) Michael Springer: Bronnen, a.a.O., S.58f.; PFAV undPECH sind fiktive Parteienabkürzungen.263) ebenda, S. 92264) Hinrich Matthiesen: Tombola, a.a.O., S.116265) ebenda, S. 365f.
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"Der Romanjournalist ist frei von d
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Michael Springer: Bronnen, Hamburg
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Stefan Pannen: Die machtlosen Meinu
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Zustände. 'Der Ausstieg' von Gert
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Werner Lambertz: Probleme der weite
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Uwe Schultz: Der Mensch auf der Flu
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Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9