Die Kunst der Radiotelegrafie
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auch oft die Dah-Längen überbetont: das erste Dah des Buchstabens C wurde<br />
generell leicht in die Länge gezogen.<br />
Auch an<strong>der</strong>e individuelle Rhythmusverän<strong>der</strong>ungen waren allgemein üblich,<br />
wie etwa die Verlängerung des zweiten Dahs in “Q” (die wir auch heute noch oft<br />
im Funk hören.) Um Verwechslungen bei dem am Golf von Mexiko typischen<br />
starken Rauschen zu vermeiden, modifizierten die dortigen Küstenfunkstellen<br />
das Senden ihrer Rufzeichen: das P von WPA wurde mit langen Dahs gegeben,<br />
während die Pause zwischen A und X bei WAX betont und die Dahs des<br />
X verlängert wurden. Auf diese Weise wurde die Erkennung <strong>der</strong> Rufzeichen<br />
deutlich erleichtert. In späteren Jahren stellte man beim Marinefunkverkehr<br />
auf Längstwelle fest, daß solche Swings für die Lesbarkeit bei den in diesem Frequenzbereich<br />
meist schlecht hörbaren Signalen erfor<strong>der</strong>lich waren. Einige sagten,<br />
<strong>der</strong> “Banana boat swing” leite sich vom Rufzeichen KFUC ab, dem allgemeinen<br />
Identifizierungssignal aller Schiffe <strong>der</strong> United Fruit Company. An<strong>der</strong>e vermuteten,<br />
daß die Rollbewegung <strong>der</strong> Schiffe bei <strong>der</strong> Entstehung dieses Tastrhythmus<br />
mitverantwortlich sei. Der Name “Cuban swing” o<strong>der</strong> “Latin swing” kam von<br />
<strong>der</strong> Art, wie die meisten kubanischen und mexikanischen Funker die Worte aneinan<strong>der</strong>reihten.<br />
Manchmal muß das vorsätzlich gemacht worden sein – nur um<br />
etwas Individuelles zu bieten – z.B. eine ruckelige Gabe von H P C S 4 5 Y Q; die<br />
leichte Verlängerung eine Dahs in J o<strong>der</strong> I und an<strong>der</strong>e “lustige” kleine Scherze.<br />
Aber diese Dinge machten eben den Empfang für an<strong>der</strong>e Funker schwierig.<br />
Im Frühjahr 1936 entschied Chef <strong>der</strong> Kommunikationsabteilung <strong>der</strong> Eastern<br />
Air Lines (EAL), einen eigenen EAL-Swing für seine Funker zu entwickeln. Er<br />
stellte sich vor, dazu einen Bug so zu modifizieren, daß <strong>der</strong> feste Dit-Kontakt<br />
einen Zentimeter nach vorn versetzt wird. Das erzeugte einen neuartigen Swing,<br />
den noch niemand je zuvor gehört hatte. <strong>Die</strong> Funker mochten dies aber nicht<br />
und verlagerten den Dit-Kontakt bald wie<strong>der</strong> an die alte Stelle, aber unbewußt<br />
hatte es doch einen Einfluß auf ihre künftige Gebeweise. Durch diesen speziellen<br />
Rhythmus, mit dem die neuen Funker <strong>der</strong> EAL ausgebildet wurden, konnten<br />
Marinefunker an<strong>der</strong>er Nationen diese Übertragungen anfangs fast nicht verstehen.<br />
<strong>Die</strong>se Sorte von Eigenarten wurde im Laufe <strong>der</strong> Jahre auch in an<strong>der</strong>en Weltteilen<br />
beobachtet. Sie müßten daher ebenfalls als “Swings” bezeichnet werden.<br />
<strong>Die</strong> früheste Erwähnung <strong>der</strong> Swings findet sich in den “Radio News” vom Dezember<br />
1921, Seite 565: ” Der amerikanische Funker (Berufsfunker und Seefunk)<br />
kritisiert die Kultivierung eines phantasievollen o<strong>der</strong> exzentrischen Sendestils,<br />
<strong>der</strong> für clever und originell gehalten wird, <strong>der</strong> aber dem Empfänger viel mehr<br />
Anstrengung beim Hören abverlangt. Er bringt Sprünge beim Geben von H, P,<br />
C, 3, 4, 5, Y und Q und macht einen <strong>der</strong> Striche von J, 1 u.ä. ein Stückchen<br />
länger, als die übrigen. . . Ein komplizierter Swing – <strong>der</strong> Versuch, ’lustig’ zu<br />
erscheinen. – Denken Sie an die arme Empfangsstation!“<br />
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