Die Kunst der Radiotelegrafie
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Die Kunst der Radiotelegrafie
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Der originale Morsecode<br />
Morse erdachte im Jahr 1832 ein erstes Code-Übersetzungssystem, das aus zwei<br />
wesentlichen Teilen bestand:<br />
1. einem Wörter- o<strong>der</strong> Code-Buch zum Übersetzen vom und ins Englische,<br />
in dem jedem englischen Wort eine Zahl zugeordnet war (um bei Bedarf<br />
Eigennamen und ungebräuchliche Worte buchstabieren zu können, war<br />
auch jedem Buchstaben eine Zahl zugeteilt) und<br />
2. einem Code-Symbol für jede Zahl von 0 bis 9.<br />
Der Absen<strong>der</strong> würde also jedes Wort in die entsprechende Zahl übersetzen<br />
und die Zahl senden, worauf <strong>der</strong> Empfänger diese mit Hilfe des Wörterbuches<br />
wie<strong>der</strong> in das englische Wort zurückverwandeln sollte. Bei <strong>der</strong> Festlegung <strong>der</strong><br />
Symbole für die Ziffern scheint Morse aufgefallen zu sein, daß <strong>der</strong> Empfänger mit<br />
dem Auge bis zu fünf Punkte problemlos erkennen kann, während es bei mehr<br />
als fünf Punkten viel schwerer war, das Zeichen schnell und exakt zu erfassen<br />
und auch das Senden entsprechend länger dauerte.<br />
Bei diesem System war die genaue Länge <strong>der</strong> Punkte nicht so entscheidend,<br />
aber das relative Verhältnis <strong>der</strong> verschieden langen Pausen mußte stimmen. Um<br />
die Code-Symbole für die Ziffern zu entwickeln, brauchte es nicht viel Einfallsreichtum:<br />
er benutzte einfach ein bis fünf Punkte, die für die Ziffern 1 bis 5<br />
standen, und erweiterte dies bis 9 und 0, indem er den Ziffern größer als 5 jeweils<br />
eine etwas längere Pause folgen ließ (die hier durch das Symbol @ angezeigt<br />
wird).<br />
So sah also dieser Code aus: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 wurden zu . .. ... .... ..... .@<br />
..@ ...@ ....@ .....@<br />
Was für eine ermüdende, langsame und unbequeme Kommunikation wäre<br />
das geworden! Darüberhinaus war diese Codierung sehr anfällig für Fehler, die<br />
erst beim Rückübersetzen in Klartext zutage treten. <strong>Die</strong> Idee als solche war<br />
genial und die Code-Signale, die jeweils für die einzelnen Ziffern standen, waren<br />
die Einfachheit selbst. Aber gerade diese Codierung war die Schwachstelle des<br />
ganzen Systems und würde wohl kaum auf viel Akzeptanz gestoßen sein. (<strong>Die</strong><br />
Methode mit dem Übersetzungs-Buch wurde später in China angewandt, wo<br />
es durchaus Sinn machte, die vielen chinesischen Schriftzeichen in Zahlen zu<br />
übersetzen. Dazu wurde ein bereits verfügbares Standard-Wörterbuch genutzt,<br />
in dem die Schriftzeichen aus an<strong>der</strong>en Gründen bereits durchnummeriert worden<br />
waren.)<br />
Wer das uns heute bekannte Morse-Alphabet erfand<br />
Kapitel 2 von George P. Oslin’s Buch ” <strong>Die</strong> Geschichte <strong>der</strong> Telekommunikation“ 1<br />
beginnt mit diesen Worten:<br />
” Wenn Sie fragen, wer den Telegrafen erfunden hat, würde die Mehrzahl <strong>der</strong><br />
Amerikaner antworten: Morse‘. Aber Morse erfand we<strong>der</strong> den Punkt-Strich-<br />
’<br />
Code, noch die ’Morse’taste, noch den ’Morse’-Streifenschreiber.“<br />
1 [” The Story of Telecommunications“, erstmalig erschienen 1899, ist auch heute noch von<br />
Mercer University Press, Macon, Georgia, erhältlich. Preis ca. 30$ ]<br />
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