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Die Kunst der Radiotelegrafie

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hören, es augenblicklich als ’G’ erkennen. Das ist <strong>der</strong> Ausgangspunkt, aber wir<br />

bleiben hier nicht stehen! Morsecode ist zum Kommunizieren da und wir sprechen<br />

nicht in Buchstaben, son<strong>der</strong>n in Worten. Worte sind unsere kleinsten Denk-<br />

Einheiten. Sogar, wenn wir gerade noch dabei sind, das Alphabet in Griff zu<br />

kriegen, können wir bereits beginnen, kurze Worte wie ’the’ und ’of’ als zusammenhängende<br />

Worte zu erkennen.<br />

Als wir als Kin<strong>der</strong> anfingen Lesen zu lernen, konnten wir bereits sprechen.<br />

Das Lesen aber war etwas Neues und es brauchte eine gewisse Mühe, es zu<br />

lernen. Als erstes mußten wir jedes Wort aussprechen lernen, dann galt es herauszufinden,<br />

wie man es betont und dann mußten wir uns den schon entzifferten<br />

Text merken, während wir uns mit den nächsten Worten beschäftigten, bis wir<br />

schließlich mühselig den ganzen Satz ’gelesen’ hatten. <strong>Die</strong> erste Phase beim Erlernen<br />

des Morsecodes sieht genauso aus, aber es soll nicht dabei bleiben. Worte<br />

werden als Aneinan<strong>der</strong>reihung von Buchstaben geschrieben, ein Buchstabe<br />

nach dem an<strong>der</strong>en. Aber wir lesen einen gedruckten Text nicht auf diese Weise,<br />

son<strong>der</strong>n wir lesen ganze Worte auf einmal. Wenn wir nicht sprechen könnten,<br />

würden wir auch nicht schreiben können – in diesem Fall bliebe uns die Benutzung<br />

von Hieroglyphen. Im Morsecode müssen Worte unsere Gedankenbausteine<br />

sein, weil Worte Sinn machen und leicht zu merken sind.<br />

Den Morsecode zu ’lesen’ o<strong>der</strong> auch gedruckte Schrift zu lesen geht viel<br />

leichter und schneller, wenn wir gelernt haben, Worte zu Erkennen, anstatt sie<br />

als Kette von Buchstaben zu sprechen. Ein geübter Leser liest Worte, manchmal<br />

sogar Wortfolgen auf einen Blick als Ganzes. Wir sind uns kaum <strong>der</strong> Buchstaben<br />

bewußt, aus denen die Worte bestehen, die wir nun so leicht lesen können. Unsere<br />

Aufmerksamkeit richtet sich auf die Gedanken, die da aufgeschrieben sind, und<br />

wir reagieren auf die Ideen, die übermittelt werden.<br />

Erst wenn wir diese Phase bei <strong>der</strong> Anwendung des Codes erreicht haben,<br />

werden wir richtig kompetente Telegrafisten sein. Wir wollen also<br />

• das Alphabet aus Klangmustern so gut lernen, daß wir jeden Buchstaben<br />

augenblicklich erkennen, weiterhin<br />

• lernen, die meisten Worte als ganze Worte zu erkennen, und schließlich<br />

• lernen, die Aufeinan<strong>der</strong>folge <strong>der</strong> Zeichen so zu hören, wie wenn jemand zu<br />

uns spricht.<br />

Das sind die Fähigkeiten, die wir anstreben, unabhängig davon, mit welcher<br />

Geschwindigkeit wir hören. Wir können lernen, dies mit je<strong>der</strong> beliebigen<br />

Geschwindigkeit zu tun. Unser Ziel sollte in jedem Fall sein, den Code so gut<br />

anwenden zu können, daß es uns ganz leicht und natürlich vorkommt, genau wie<br />

Lesen o<strong>der</strong> Sprechen.<br />

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