Die Kunst der Radiotelegrafie
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Als Ausgangsbasis diente Gerke’s Alphabet, wobei aber O P X Y und Z zu<br />
<strong>der</strong> heute gebräuchlichen “internationalen” Form geän<strong>der</strong>t wurden und unter<br />
an<strong>der</strong>em das heute übliche systematische Zahlensystem eingeführt wurde. Ab<br />
1. Juli 1852 wurde dieser Code <strong>der</strong> offizielle Standard. <strong>Die</strong> heutige Form des J<br />
und an<strong>der</strong>e europäisch-sprachige Buchstaben kam 1865 auf <strong>der</strong> Internationalen<br />
Telegrafie-Tagung in Paris hinzu. Für lange Zeit wurde dies als “kontinentaler”<br />
Code bezeichnet, <strong>der</strong> durch den Einsatz in <strong>der</strong> Funktechnik dann zum uns heute<br />
geläufigen “internationalen” Code wurde. Lediglich am 1. September 1939<br />
wurden kleinere Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Interpunktionszeichen hinzugefügt.<br />
<strong>Die</strong> Ausrüstung<br />
Morse’s originales Empfangsgerät war eine schwerfällige Vorrichtung, die die<br />
Signale mit einem magnetisch bewegten Bleistift o<strong>der</strong> Tuscheschreiber auf einen<br />
Papierstreifen schrieb, <strong>der</strong> von einem Uhrwerk vorwärtsbewegt wurde. Es wurde<br />
ein Ein-Aus-Signal aufgezeichnet, das man mit dem Auge ablas. Vail baute dann<br />
einen deutlich verbesserten Signalschreiber. Es gibt viele Hinweise darauf, daß<br />
schon innerhalb weniger Monate Morse und Vail gelernt hatten, die meisten<br />
Buchstaben am Geräusch <strong>der</strong> Maschine zu unterscheiden.<br />
Auch an<strong>der</strong>e Telegrafisten erkannten schon 1845 die Buchstaben, indem sie<br />
dem Klicken des Rekor<strong>der</strong>s zuhörten. 1846 nutzten dies auch verbreitet die Berufstelegrafisten<br />
o<strong>der</strong> waren zumindest in <strong>der</strong> Lage dazu. Unter den Leitern <strong>der</strong><br />
Telegrafenbüros gab es gegen diese Art des Nachrichtenempfangs erhebliche Vorurteile<br />
und manche verboten dies sogar ihren Mitarbeitern. <strong>Die</strong>jenigen, die den<br />
Code mit dem Ohr hörten, wurden verpflichtet, die Papierstreifen als Beweis für<br />
die Richtigkeit <strong>der</strong> Nachricht und zur späteren Kontrolle aufzubewahren. (Beim<br />
Mitschreiben benutzten die Telegrafisten öfters Abkürzungen, die aber für den<br />
Leser leicht erkennbar waren.)<br />
Morse’s Original-Sendegerät war eine Art Lineal, wie es die Schriftsetzer in<br />
Druckereien benutzten, mit dem Punkte und Pausen erzeugt werden konnten.<br />
Vail konstruierte etwa 1840 die erste einfache Taste, die zum Vorgänger <strong>der</strong><br />
späteren Handtasten wurde. Es war eine einfache Bandfe<strong>der</strong> mit einem Knopf,<br />
aus <strong>der</strong> sich im Laufe <strong>der</strong> Zeit die verbesserten und robusteren Tastenkonstruktionen<br />
entwickelten, die wir heute kennen. Ein frühes Beispiel für das Empfangen<br />
des Morsecodes nur mit dem Ohr war James F. Leonard im Jahr 1847. Er hatte<br />
mit 14 Jahren als Botenjunge beim Telegrafenamt in Frankfort, Kentucky,<br />
angefangen und stieg innerhalb eines Jahres zum Telegrafisten auf. Er nahm<br />
nicht nur den Code ausschließlich nur durch Hören auf, son<strong>der</strong>n hatte sich auch<br />
autodidaktisch beigebracht, zeitgleich Hören und Senden zu können: Er schrieb<br />
mit einer Hand eine ankommende Nachricht auf und sendete gleichzeitig mit<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hand eine an<strong>der</strong>e.<br />
Um diese Zeit begannen Telegrafisten erstmals, eine o<strong>der</strong> zwei Nachrichten komplett<br />
anzuhören und diese erst im Nachhinein nie<strong>der</strong>zuschreiben.<br />
Am 1. Mai 1847 berichtete das Albany Evening Journal über einen Geschäftsmann<br />
namens W. C. Buell, <strong>der</strong> zufällig in einem Telegrafenbüro saß und<br />
den ankommenden Nachrichten zuhörte, als plötzlich <strong>der</strong> Streifenschreiber des<br />
Telegrafisten versagte. Es zeigt sich, daß Buell den Inhalt <strong>der</strong> Sendung mit-<br />
”gelesen” hatte und ihn korrekt wie<strong>der</strong>geben konnte.<br />
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