Die Kunst der Radiotelegrafie
Die Kunst der Radiotelegrafie
Die Kunst der Radiotelegrafie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Am Anfang<br />
Wenn Sie mit dem Mitschreiben anfangen, werden Sie Buchstabe für Buchstabe<br />
schreiben und immer direkt an den gesendeten Zeichen hängen: Sie hören<br />
das Zeichen und schreiben es auf, vergessen es sofort und hören das nächste<br />
usw. Aber auf diese Weise längere Zeit mitzuschreiben, praktisch im Gleichschritt<br />
mit dem Sen<strong>der</strong>, macht doch Schwierigkeiten. Es wird ermüdend und<br />
auch langweilig, weil die Zeichen ohne Bedeutung sind und weil so viel bewußte<br />
Anstrengung vonnöten ist. Um den Sinn zu verstehen, müssen Sie dann in <strong>der</strong><br />
Regel erst lesen, was Sie aufgeschrieben haben. (Wenn wir aber während des<br />
Empfangens zurückblicken, werden wir die nächsten Zeichen verpassen.) Wenn<br />
Sie beim Üben merken, daß Sie hinterherhängen, versuchen Sie nicht, innezuhalten,<br />
son<strong>der</strong>n einfach weiter zu machen.<br />
Der Anfänger hat Angst, etwas zu verpassen, weil er es gar nicht schnell<br />
genug zu Papier bringt. Er muß mächtig kämpfen um hinterherzukommen und<br />
hängt wie hypnotisiert an den ankommenden Signalen, um nur ja dranzubleiben.<br />
Der Grund ist, daß er die Zeichen noch nicht schnell genug identifizieren kann.<br />
Das Problem wird dadurch verschärft, daß im Gegensatz zur Schreibgeschwindigkeit<br />
die Geschwindigkeit, mit <strong>der</strong> die Zeichen kommen, sehr unterschiedlich<br />
ist. <strong>Die</strong> Buchstaben ’E’, ’I’ und ’T’ zum Beispiel, sind die kürzesten, während<br />
”C’, ’J’, ’Q’ und ’Y’ die längsten sind. Ein Anfänger, <strong>der</strong> Buchstabe für Buchstabe<br />
mitschreibt, kann leicht in Panik geraten, wenn er versucht, ein E o<strong>der</strong><br />
einen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en kurzen Buchstaben hinzuschreiben, bevor das nächste Zeichen<br />
kommt. Es ist jedenfalls schlechter, als zwei E’s o<strong>der</strong> EI, IE, TT o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e kurze Buchstaben, die miteinan<strong>der</strong> verbunden vorkommen. Wenn wir<br />
beim Üben allmählich Fortschritte machen, können die meisten von uns Buchstabe<br />
für Buchstabe mitschreiben bis zu einem Tempo von etwa 25 WpM o<strong>der</strong><br />
sogar noch etwas schneller, aber oberhalb dieser Grenze geht das dann nicht<br />
mehr und wir müssen einfach einen besseren Weg finden.<br />
Ein besserer Weg – verzögertes Mitschreiben<br />
Der erste Schritt, um das Mitschreiben zu erleichtern, ist, das Mitschreiben<br />
mit Verzögerung zu lernen. Das heißt, wir müssen unser Gehirn darauf trainieren,<br />
als ein Puffer o<strong>der</strong> Kurzzeit-Speicher zu arbeiten, <strong>der</strong> die gehörten Zeichen<br />
zwischenspeichert, bis sie dann nie<strong>der</strong>geschrieben werden. Manche Zeichen<br />
o<strong>der</strong> Worte werden nach dem Hören automatisch einen kurzen Moment<br />
im Gedächtnis verbleiben, während wir die nächsten darauffolgenden Zeichen<br />
hören. <strong>Die</strong>s hilft uns, den Geschwindigkeitsunterschied zwischen dem Hören <strong>der</strong><br />
unterschiedlich langen Zeichen und dem Schreiben auszugleichen, und es lockert<br />
die mentale Anspannung des Mitschreibens. Es dient uns als eine Art Polster.<br />
Auf diese Weise wird auch unsere Mitschrift viel besser aussehen und wir können<br />
sogar Eigennamen von vornherein mit großen Anfangsbuchstaben schreiben.<br />
Mit Verzögerung mitzuschreiben ist außerdem eine gute Methode, um das<br />
Vorwegnehmen <strong>der</strong> Zeichen zu verhin<strong>der</strong>n. Es richtet das Hauptaugenmerk vom<br />
Schreiben auf das Zuhören. Ein guter Telegrafist beginnt selten, ein Wort zu<br />
schreiben, bevor er dessen Ende nicht gehört hat. Wenn wir für den Anfang<br />
Übungstexte hernehmen, die wir zuvor durchgelesen haben o<strong>der</strong> auf Band aufgenommenes<br />
Material, das uns schon bekannt ist, werden wir viel entspannter<br />
69