Die Kunst der Radiotelegrafie
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Die Kunst der Radiotelegrafie
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• Als Kin<strong>der</strong> lernen wir als Erstes, die einzelnen Buchstaben zu erkennen<br />
und langsam Worte zu buchstabieren und auszusprechen.<br />
• Dann beginnen wir, viele gebräuchliche kurze Worte als Ganzes zu erkennen<br />
und zu lesen, anstatt sie buchstabieren zu müssen.<br />
• Nach kurzer Zeit beginnen wir, kurze Satzteile (”von dem” usw.) und auch<br />
einige <strong>der</strong> längeren Worte als Ganzes zu erfassen.<br />
• Schließlich ist <strong>der</strong> geübte Leser in <strong>der</strong> Lage, Teilsätze, ganze Sätze und<br />
sogar einen kurzen Absatz nahezu ruckartig als gedankliche Einheit zu<br />
erfassen.<br />
<strong>Die</strong>s liefert uns einen Hinweis darauf, wie man den Morsecode lernen und<br />
seine Fähigkeiten darin verbessern kann. <strong>Die</strong> Grundlage des Lernens ist auch hier<br />
wie beim Erlernen einer Sprache <strong>der</strong> Aufbau von Gewohnheiten – das bedeutet<br />
”Über”-lernen. Lernen also bis zu einem Punkt, wo das Erkennen automatisch<br />
abläuft, ohne darüber nachzudenken, was man hört: die Dits und Dahs o<strong>der</strong><br />
sogar Worte. <strong>Die</strong> höchste Vollendung <strong>der</strong> telegrafischen Fähigkeiten ist es, wenn<br />
man den Eindruck hat, nur noch Worte und Sätze zu hören und einem nur<br />
noch die Gedanken bewußt werden, die da ausgedrückt werden – das macht<br />
Kommunikation aus. <strong>Die</strong>s ist das erstrebenswerteste und lohnendste Ziel. Das<br />
bedeutet aber nicht, daß Sie ein Geschwindigkeits-Meister werden müssen.<br />
Das ABC <strong>der</strong> Telegrafie sind die Klangmuster<br />
Am besten ist es, mit dem Hören anzufangen. Phase Eins des Lernens ist, jeden<br />
Buchstaben und jede Zahl ruckartig zu erkennen, sowie wir sie hören, denn sie<br />
sind das ABC des Klang-Alphabets. Das ist das Ziel <strong>der</strong> ersten Stufe – dies ist<br />
die Grundlage. <strong>Die</strong> Morsezeichen müssen als Klangmuster verstanden werden.<br />
Wenn Sie zuvor ein Problem mit dem Morsecode gehabt haben, wird <strong>der</strong><br />
Augenblick, wo Sie anfangen, den Code ausschließlich als Klangmuster zu begreifen,<br />
einen großen Fortschritt bringen. Ein gedruckter Buchstabe ist eine<br />
Kombination von Linien, die eine bestimmte Figur bilden. Aber Kin<strong>der</strong>n lehrt<br />
man nicht die Buchstaben des Alphabets, indem man Ihnen die verschiedenen<br />
Linien erläutert, die die Buchstaben bilden, son<strong>der</strong>n man bringt ihnen bei,<br />
jeden Buchstaben unmittelbar als ein Ganzes zu erkennen. Dasselbe Prinzip<br />
gilt für das Erlernen des Morsecodes: je<strong>der</strong> Buchstabe und jede Ziffer ist eine<br />
Klang-Einheit, ein einzigartiges Klangmuster, ein Rhythmus, <strong>der</strong> sich von jedem<br />
an<strong>der</strong>en Buchstaben und je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Ziffer unterscheidet. Jedes Codezeichen<br />
hat sein eigenes unverwechselbares Klangmuster, genau wie es bei gesprochenen<br />
Konsonanten und Vokalen <strong>der</strong> Fall ist.<br />
Das Herz des Morsecodes sind die Klangmuster, die mit dem Ohr gehört<br />
werden müssen. Jede Methode, den Morsecode durch die Augen zu lernen (wie<br />
Tafeln mit den Punkten und Strichen darauf zum Einprägen <strong>der</strong> Zeichen o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e Hilfsmittel wie Reime o<strong>der</strong> ”Klingt wie”-Vergleiche) wird den späteren<br />
Lern-Fortschritt ernsthaft gefährden. <strong>Die</strong>se Methoden verführen uns dazu, die<br />
Zeichen zu ”übersetzen” – etwas, was bewußt ablaufen muß. Wenn Sie beispielsweise<br />
gelernt haben, so zu denken: ”dit und dah steht für A”, dann denken Sie<br />
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