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Die Kunst der Radiotelegrafie

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ich konnte, den Streifen zeitweise schneller laufen ließ, um zu sehen, was als<br />

nächstes kommt und um nicht von ungewöhnlichen Worten, Namen o<strong>der</strong> Zahlen<br />

überrascht zu werden. In dem Intervall zwischen ihrem Erscheinen auf <strong>der</strong><br />

Anzeige und dem Tippen hatte ich Zeit herauszufinden, was für ein Wort o<strong>der</strong><br />

eine Zahl gemeint war. Ein guter Funker schaffte das alles ohne wesentliche<br />

bewußte Konzentration und konnte währenddessen an an<strong>der</strong>e Dinge denken.<br />

Als ich damals anfing von den Streifen abzuschreiben, konnte ich schneller<br />

Tippen, als ich den Streifen lesen konnte. Der Grund dafür war, daß ich auf<br />

die Punkte und Striche achtete, aus denen sich die Zeichen zusammensetzten.<br />

Später, mit mehr Übung und Erfahrung, erfaßte ich die Zeichen aufgrund ihres<br />

Erscheinungsbildes und achtete gar nicht mehr auf den zugrundeliegenden<br />

Punkt-Strich-Code. Noch eine Weile danach las ich ganze Worte und Wortgruppen<br />

auf einen Blick. Es war genauso, wie man normalen gedruckten Text liest,<br />

nur daß die Zeichen eben auf an<strong>der</strong>e Weise geschrieben waren. Von da an wurde<br />

mein Tempo nur noch durch das Tippen auf <strong>der</strong> Tastatur begrenzt.<br />

Das Ablesen eines Papierstreifens und das Mithören von Morsecode ähneln<br />

einan<strong>der</strong>: das Auge liest den Streifen und das Ohr “liest” die hörbaren Signale.<br />

So wie einige Leute schneller Bücher lesen, als an<strong>der</strong>e, können manche die Papierstreifen<br />

mit sehr hoher Geschwindigkeit lesen. Das Ablesetempo wird unter<br />

an<strong>der</strong>em dadurch begrenzt, daß ein Wort auf dem Streifen länger ist, als bei<br />

gedrucktem Text. Um dieses Problem zu umgehen, wurde beim Aufzeichnen die<br />

Geschwindigkeit des Bandes reduziert. <strong>Die</strong> Zeichen bzw. Worte auf dem Band<br />

wurden dadurch kürzer und besser lesbar. Genau wie beim Lesen von Text kann<br />

man lernen, nur das “Erscheinungsbild” <strong>der</strong> Zeichen und Worte zu registrieren,<br />

ohne sich um die Einzelheiten wie Punkte und Striche zu kümmern.<br />

Anfang 1941, als ich bei <strong>der</strong> Station WVR arbeitete, <strong>der</strong> zentralen Funkstation<br />

des 4. Armee-Korps in Fort McPherson, Georgia, machte ich ein Foto von<br />

Jack Ivy, wie er gerade einen Streifen liest. Jack war vielleicht unser schnellster<br />

Funker. Er konnte die Streifen mit 80 WpM übersetzen und tippen und machte<br />

selten einen Fehler.<br />

<strong>Die</strong> Schnelltelegrafie-Verbindung bestand zwischen unserer Station WVR<br />

und <strong>der</strong> nationalen Netz-Kontroll-Station WAR in Washington D.C. Innerhalb<br />

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