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Die Kunst der Radiotelegrafie

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zunehmen und nicht als Zusammensetzung von Dits und Dahs. Dazu ist eine<br />

Zeichen-Geschwindigkeit von mindestens 12 WpM erfor<strong>der</strong>lich. <strong>Die</strong> Muster-<br />

Erkennung wird dadurch erleichtert, daß Buchstaben und Worte durch längere<br />

Pausen getrennt sind, so daß <strong>der</strong> Schüler genügend Zeit hat, jedes Zeichen klar<br />

zu erkennen und den Klang mit dem zugehörigen gedruckten Buchstaben o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Ziffer zu assoziieren. Mit <strong>der</strong> Zeit werden dann die Abstände immer weiter<br />

bis auf den normalen Zeichen-Abstand verkürzt. <strong>Die</strong>s wurde durch psychologische<br />

Experimente bestätigt, die zeigten, daß, wenn ein bestimmter Stimulus<br />

als eine eigenständige Einheit o<strong>der</strong> Gestalt erkannt werden kann, das Lernen<br />

deutlich schneller vonstatten geht. Zur Umsetzung dieses Prinzips in seinem<br />

Lehrgang schrieb Edison: ” Das wesentliche Merkmal des ’Audio-Alphabetes’ ist<br />

die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Pausen zwischen den Zeichen. Beginnend mit Aufnahmen<br />

mit größeren Pausenabständen und <strong>der</strong>en schrittweiser Verkürzung erreicht <strong>der</strong><br />

Schüler schließlich die normalen Pausen-Intervalle.“<br />

<strong>Die</strong>se Pausen-Methode ist vielleicht <strong>der</strong> natürlichste und effektivste Weg,<br />

dem Schüler die individuelle Gestalt <strong>der</strong> Morsezeichen zu einzuprägen. Sie führt<br />

dazu, daß die Klangmuster klar hervortreten und lassen genügend Zeit, sie mit<br />

dem zugehörigen Druck-Buchstaben zu assoziieren, ohne daß durch die vorangehenden<br />

o<strong>der</strong> folgenden Zeichen die Aufmerksamkeit abgelenkt wird.<br />

In Wahrheit ist diese Methode also ziemlich alt und basiert auf <strong>der</strong> Erfahrung<br />

vieler Ausbil<strong>der</strong>, lange bevor sie mit dem Namen von Russ Farnsworth,<br />

W6TTB, verknüpft wurde. Farnsworth brachte einen Telegrafie-Kurs auf drei<br />

Schallplatten heraus, <strong>der</strong> von Epsilon Records ab 1959 vertrieben wurde. In<br />

diesem Kurs bekam <strong>der</strong> Schüler von Anfang an die Zeichen mit 13 WpM und<br />

zunächst langen Abständen dazwischen vorgespielt, welche im Lauf des Kurses<br />

und mit zunehmen<strong>der</strong> Übung immer weiter verkürzt wurden. Das nächste<br />

schriftliche Zeugnis findet sich in zwei Bulletins, die 1917 und 1918 das Fe<strong>der</strong>al<br />

Board of Education veröffentlichte und die eine Zeichengeschwindigkeit<br />

von 20 WpM mit entsprechend langen Pausenabständen empfahlen.<br />

Im Kapitel 11 von “Das einfache Radio”, einem 1922/23 erschienenen populären<br />

Buch <strong>der</strong> Autoren Kendall und Koehler, schrieb <strong>der</strong> Direktor und Lehrer<br />

<strong>der</strong> YMCA Funk- und Technik-Schulen in Philadelphia über das Morsen-Lernen:<br />

” Der Anfänger sollte von Beginn an niemals den Fehler begehen, über die Anordnung<br />

und Zahl <strong>der</strong> Punkte und Striche in den verschiedenen Buchstaben nachzudenken,<br />

also etwa ’Strich – Punkt – Strich – Punkt ist gleich C’. <strong>Die</strong> Mühe,<br />

die auf so etwas verwendet wird, ist größtenteils umsonst. Ein Funker erkennt<br />

einen Buchstaben nicht daran, daß dieser soundsoviele Punkte und Striche hat –<br />

er übersetzt das Gehörte nicht auf diese Weise. Er lernt und hört jedes Zeichen<br />

als eine Kombination von Klängen: er hört ’Dahdidahdit’ als C, ’Didahdit’ als<br />

R, ’Dahdidah’ als K usw. auf eine ähnliche Art, wie Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Grundschule<br />

lernen, Worte durch <strong>der</strong>en Klang zu lesen und nicht durch Buchstabieren.“<br />

Obwohl die Pausen-Methode nicht als solche erwähnt wird, beziehen sich die<br />

Autoren indirekt darauf, indem sie die Art beschreiben, in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in dieser<br />

Zeit lesen lernten, nämlich durch Erkennen <strong>der</strong> Buchstabenform und Aussprechen<br />

des Wortes. Das beinhaltete ganz selbstverständlich, daß zwischen den<br />

Worten entsprechend längere Pausen gemacht werden mußten, ohne daß dieser<br />

Tatsache beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit geschenkt wurde. 1940 faßte Marshall<br />

Ensor in seiner Doktorarbeit mit dem Titel “Teaching Radio by Radio” die<br />

Lehrmethode seines extrem erfolgreichen Morsekurses zusammen. (Er sendete<br />

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