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Die Kunst der Radiotelegrafie

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<strong>der</strong> Strecke geblieben und haben bei einer niedrigen Geschwindigkeit aufgegeben,<br />

meistens noch unter 10–12 WpM.<br />

Über die Jahre wurden alle möglichen Schemata ersonnen, um sich das Morsealphabet<br />

einzuprägen, manche davon sehr einfallsreich. <strong>Die</strong> meisten benutzten<br />

irgendeine Art Visualisierung: ein Bild o<strong>der</strong> eine systematische Anordnung von<br />

gedruckten Codezeichen, die auf <strong>der</strong>en Zusammensetzung aus Punkten und Strichen<br />

beruht, auf einer Reihe von Beziehungen <strong>der</strong> Zeichen untereinan<strong>der</strong>, so daß<br />

durch Hinzufügen o<strong>der</strong> Austausch von Komponenten ein Zeichen in ein an<strong>der</strong>es<br />

übergeht. Mitunter dachte man sich Worte o<strong>der</strong> Wortgruppen aus, die angeblich<br />

ihrem Klang nach an das entsprechende Zeichen erinnern sollten 1 . <strong>Die</strong>se Methode<br />

mag höchstens für eine Person hilfreich sein, die in einem Notfall Signale<br />

übermitteln will, aber für das Erlernen <strong>der</strong> ’richtigen’ Morse-Kommunikation<br />

ist sie sicher nicht nur ungeeignet, son<strong>der</strong>n regelrecht schädlich.<br />

Es gibt niemals irgendeinen Grund, Morsecode in gedruckter Form anzusehen.<br />

Man darf niemals übersetzen: ” Dit plus Dah bedeutet A“, o<strong>der</strong>, wie jemand<br />

es einst ausdrückte: ” Wenn Sie feststellen, daß Sie ’Dahdidahdit’ hören und sich<br />

sagen ’ Aha, das ist ein ’C’, dann haben Sie ein echtes Problem – Sie übersetzen.“<br />

<strong>Die</strong> meisten wohlmeinenden Ratschläge, wie Morsen zu lernen sei, lassen die<br />

Tatsache unberücksichtigt, daß wir es mit einem Alphabet aus Klangbil<strong>der</strong>n zu<br />

tun haben. <strong>Die</strong> Hilfestellung, die da vermeintlich gegeben wird, ist etwas, das<br />

zwischen Klangbild und zugeordnetes Zeichen ’dazwischengeschaltet’ wird. <strong>Die</strong><br />

meisten dieser Methoden präsentieren die Zeichen dem Auge und nicht dem<br />

Ohr. Sogar wenn behauptet wird, den Klang zu lernen (wie bei den “Klingt<br />

wie”-Beispielen), unterbleibt doch die Deutlichmachung <strong>der</strong> klanglichen Einheit,<br />

teils, weil die Zeichen zu langsam gegeben werden, teils, weil die “Klingt<br />

wie”-Vergleiche fremdartig sind und vom Erfassen des Klangbildes ablenken. In<br />

beiden Fällen sind einer o<strong>der</strong> mehrere zusätzliche geistige Schritte notwendig<br />

– Übersetzungs-Schritte – um das Zeichen zu erkennen. Auch die Methoden,<br />

die eine Analyse <strong>der</strong> Zeichen propagieren (wieviele Dits und Dahs sie enthalten)<br />

o<strong>der</strong> die auf dem geistigen Durchgehen eines bestimmten Ablaufes beruhen,<br />

führen überflüssige zusätzliche Gedankenschritte ein. Der Schüler wird dadurch<br />

unweigerlich gebremst und es wird ihm das Überschreiten eines Tempos von<br />

fünf bis 10 WpM unmöglich gemacht. Vermeiden Sie diese Lernmethoden!<br />

Vielen <strong>der</strong>jenigen, die anfangs das Morsealphabet nach einer gedruckten Tabelle<br />

mit Punkten und Strichen gelernt haben, ist das Zählen <strong>der</strong> Dits und<br />

Dahs und anschließende Absuchen einer geistigen Tabelle in Fleisch und Blut<br />

übergegangen. Sie müssen die längeren Zeichen zählen, um zum Beispiel B<br />

von 6 und 1 von J unterscheiden zu können. Manche dieser Funkamateure haben<br />

es durch viel Übung geschafft, das Geschwindigkeits-Plateau trotzdem zu<br />

überwinden und vielleicht haben sie sogar die Ursache ihres Problems erkannt.<br />

(Ich habe einen erfahrenen Funkamateur und früheren Marinefunker gekannt,<br />

<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Zähl-Methode 20 WpM erreichte, aber dies war seine absolute Obergrenze.<br />

Er liebte die Telegrafie, kam aber niemals über diese Schwelle hinaus.<br />

Es war das höchste Tempo, in dem er die Zeichen analysieren konnte – sehr<br />

beeindruckend!)<br />

1 [Im Deutschen hört man <strong>der</strong>artigen Unfug beispielsweise als ” Ich liebe Dich“, was zur<br />

Einprägung des ” Didahdidit“ (= L) dienen soll.]<br />

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