Die Kunst der Radiotelegrafie
Die Kunst der Radiotelegrafie
Die Kunst der Radiotelegrafie
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William Pierpont betrieb als einer <strong>der</strong> ersten Pioniere Amateurfunk, hauptsächlich<br />
in Morsetelegrafie. Obwohl er bereits einige Jahre zuvor Experimente<br />
mit Radiogeräten angestellt hatte, erhielt er erst 1930 im Alter von 15 Jahren die<br />
Amateurfunklizenz mit den Rufzeichen W9BLK und für den mobilen Einsatz<br />
W9HPU. Für seine Funkkontakte mit <strong>der</strong> Antarktis-Expedition von Richard<br />
E. Byrd wurde er 1932 von Präsident Roosevelt ausgezeichnet. Während des<br />
zweiten Weltkrieges war Amateurfunk verboten und er ließ seine Funklizenz<br />
nach dem Kriege auslaufen, erneuerte sie jedoch 1986 und erhielt das Rufzeichen<br />
N0HFF.<br />
Seit dieser Zeit arbeitete er an einem Lehrbuch für angehende Funkamateure,<br />
“The Art and Skill of Radio-Telegraphy”, das nunmehr in <strong>der</strong> sechsten<br />
Druckversion <strong>der</strong> dritten Auflage vorliegt. <strong>Die</strong>ses Buch gilt, wie es sein Bru<strong>der</strong><br />
beschreibt, als ” die beste und umfangreichste je geschriebene Abhandlung über<br />
die Morsetelegrafie, ihre Geschichte und Anwendung.“ Es wurde in französisch,<br />
japanisch, portugiesisch, dänisch und deutsch übersetzt. Seine Fähigkeiten auf<br />
dem Gebiet <strong>der</strong> Telegrafie waren außergewöhnlich: sein Bru<strong>der</strong> berichtet über<br />
eine Begebenheit, bei er die Übertragung von zwei gleichzeitig auf benachbarter<br />
Frequenz mit 35 Worten pro Minute in polnisch sendenden Stationen lesen<br />
konnte. Seine letzte Funkverbindung in Telegrafie, bevor ihn sein schlechter<br />
werden<strong>der</strong> Gesundheitszustand davon abhielt, führte er mit seinem Bru<strong>der</strong> am<br />
7. Februar 2002.<br />
William Pierpont heiratete am 11. März 1939 Enid Feese und arbeitete von<br />
da an bei <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong>al Land Bank von Wichita. Etwa um 1940 wechselte er in<br />
die Flugzeugindustrie zur Firma Beech Aircraft, Hersteller von Kleinflugzeugen,<br />
wo er zunächst als Gewichts-Analytiker in <strong>der</strong> Abteilung für Gewichte und<br />
Massenbalance arbeitete. Zu dieser Zeit brachte er sich im Selbststudium die<br />
Grundlagen von Flugzeugbau und Flugdynamik bei, stieg bald zum Ingenieur<br />
auf und wurde schließlich Leiter <strong>der</strong> Arbeitsgruppe Struktur-Dynamik. Er wurde<br />
zu einem auch von <strong>der</strong> NASA anerkannten Experten für strukturelle Flugzeug-<br />
Dynamik, insbeson<strong>der</strong>e für Vibrations-Effekte von Tragflächen und als solcher<br />
oft als Gutachter zur Untersuchung von Flugunfällen bei kleineren Maschinen<br />
herangezogen. Als er 1982 in Rente ging, hatte er insgesamt über 40 Jahre lang<br />
– zum Schluß als Chef-Wissenschaftler – bei Beech Aircraft gearbeitet.<br />
Nach dem Eintritt in die Friends University 1933 begann William Pierpont<br />
mit dem Studium des Neuen Testamentes in Griechisch. Er las zunächst die als<br />
“Westcott-Hort Text” bezeichnete Übersetzung von Professor J. H. Langenwalter<br />
und akzeptierte zu jener Zeit dessen allgemeine Auffassung. Für den Rest<br />
seines Lebens war er von <strong>der</strong> griechischen Textform des Neuen Testaments fasziniert<br />
und verbrachte tausende von Stunden mit Studien auf diesem Gebiet.<br />
Zusammen mit Maurice Robinson veröffentlichte er das in über 15-jähriger gemeinsamer<br />
Arbeit entstandene Griechische Neue Testament in Byzantinischer<br />
Textform. Noch während seiner letzten Lebensmonate arbeitete er an einer Neuauflage<br />
dieses Werkes.<br />
Nach langem Kampf gegen den Krebs legte William Grover Pierpont am<br />
20. Februar 2003 in seiner Heimatstadt Wichita, Kansas, im Alter von 88 Jahren<br />
die Morsetaste für immer aus <strong>der</strong> Hand. Damit wurde NØHFF, wie die<br />
Funkamateure sagen, ein “silent key”, eine verstummte Taste. Seine Frau Enid,<br />
mit <strong>der</strong> er 63 Jahre verheiratet war, überlebte ihn kaum sechs Monate: sie starb<br />
am 10. August 2003.<br />
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