Die Kunst der Radiotelegrafie
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Stehenbleiben”, welches, wenn es von einem erfahrenen Telegrafisten gegeben<br />
wird, unverwechselbar klingt.<br />
• dadurch bedingt, kommt es zu einem ziemlich “Dit-tigen” Eindruck des<br />
alten Codes im Gegensatz zur internationalen Form.<br />
• Nicht ganz so offensichtlich ist, daß <strong>der</strong> alte Code um etwa 10% schneller<br />
ist, als <strong>der</strong> internationale, wenn in beiden die gleiche Dah- und Pausenlängen<br />
benutzt werden (d.h., die Übertragung einer Nachricht benötigt<br />
10% weniger Zeit). Interessanterweise erfor<strong>der</strong>t <strong>der</strong> alte Code auch einen<br />
um 15% geringeren Bewegungs-Aufwand beim Senden. Er ist insgesamt<br />
etwas mehr “kunstvoll” und bietet viel mehr Möglichkeiten, individuelle<br />
Gebe-“Handschriften” zu entwickeln.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> teils identischen, teils verschiedenen Zeichen in beiden Codes<br />
erscheint auf den ersten Blick das Erlernen <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en Form durch die<br />
große Verwechslungsgefahr problematisch. – Aber lassen Sie sich davon nicht<br />
abschrecken! Mr. R. J. Miller, ein begabter Telegrafie-Ausbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> damaligen<br />
Teleplex Company, schrieb 1942 in einem persönlichen Brief: ” Wer eine Form,<br />
z.B. den amerikanischen Code, perfekt beherrscht, ist in <strong>der</strong> Lage, innerhalb von<br />
zehn Tagen bis zwei Wochen den kontinentalen Code ebensogut zu lernen. Das<br />
liegt wahrscheinlich daran, daß sein Gehirn schon darauf trainiert ist, schnelle<br />
Signale zu erkennen. <strong>Die</strong>se Theorie wurde vielfach bewiesen.“<br />
Beachten Sie die Wortwahl: ” perfekt beherrschen“ und ” sein Gehirn ist trainiert,<br />
schnelle Signale zu erkennen“. <strong>Die</strong>s sind keine triviale Formulierungen. Nur<br />
<strong>der</strong>jenige wird dies schaffen, <strong>der</strong> den einen Code schon auf Experten-Niveau beherrscht<br />
und dessen Gehirn so gut geübt ist, daß er jeden Buchstaben auch bei<br />
höherem Tempo augenblicklich erkennt. Was genau “perfekte Beherrschung des<br />
Codes” ist, hat uns zwar Mr. Miller nicht dargelegt, aber wir können vermuten,<br />
daß damit Fähigkeiten gemeint sind, die über die damaligen Mindestanfor<strong>der</strong>ungen<br />
für Berufsfunker hinausgehen. Wir sind wahrscheinlich auf <strong>der</strong> sicheren<br />
Seite, wenn wir annehmen, daß jemand, <strong>der</strong> den Bereich von 25 bis 35 WpM absolut<br />
sicher im Griff hat, beim Umlernen Mr. Millers obige Zeitangabe bestätigt<br />
finden wird.<br />
Wir müssen also folgerichtig annehmen, daß diejenigen von uns, die etwas<br />
weniger Übung haben, für das Erlernen des alten Morsecodes eine entsprechend<br />
längere Zeit benötigen werden. (Da ja die ruckartige Erkennung <strong>der</strong> Zeichen das<br />
Entscheidende ist – dürfen wir dann sogar unterstellen, daß das Erlernen <strong>der</strong><br />
jeweils an<strong>der</strong>en Form des Telegrafencodes auch unsere Fähigkeiten im bereits<br />
bekannten Code verbessern wird?)<br />
Das Lernen<br />
Wie sollen wir nun das Lernen des alten Codes angehen? Da sein Rhythmus ein<br />
an<strong>der</strong>er ist, müssen wir als allererstes korrekt gesendeten alten Code anhören.<br />
Wenn wir ihn im Funk zu hören bekommen, werden wir kaum Probleme haben,<br />
ihn als solchen zu erkennen: sein spezieller Rhythmus und seine “Dittigkeit”<br />
werden ihn sogleich verraten. Wir werden auch schnell merken, daß viele häufig<br />
gebrauchte Worte leicht zu verstehen sind, weil sie in beiden Codes gleich klingen<br />
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