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Bericht der Bundesregierung zum Stand der Aufarbeitung der SED- Diktatur

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zunächst dem NKWD, ab 1946 dem Ministerium für innere Angelegenheiten (MWD).<br />

Ihre Verwaltung oblag <strong>der</strong> Abteilung Speziallager bei <strong>der</strong> Sowjetischen<br />

Militäradministration in Berlin-Karlshorst.<br />

In den insgesamt zehn Lagern wurden ohne jedes rechtsstaatliche Verfahren<br />

zunächst vorwiegend einfache Mitglie<strong>der</strong> und Funktionäre <strong>der</strong> NSDAP<br />

(Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) <strong>der</strong> unteren Ebene, aber auch<br />

Repräsentanten <strong>der</strong> staatlichen Verwaltung festgehalten. Auch viele Jugendliche<br />

wurden inhaftiert, wobei von offizieller Seite meistens <strong>der</strong> Verdacht, Mitglied <strong>der</strong><br />

nationalsozialistischen Partisanenorganisation „Werwolf“ gewesen zu sein, als Grund<br />

genannt wurde, oftmals ganz unabhängig von den wahren Begebenheiten. Ebenfalls<br />

interniert wurden ehemalige Wehrmachtsangehörige, bevor sie in<br />

Kriegsgefangenenlager kamen, sowie sowjetische Staatsangehörige, die das<br />

Misstrauen <strong>der</strong> Besatzungsbehörden erregt hatten. Unter den Eingesperrten<br />

befanden sich viele Denunzierte. Nicht selten waren die Festnahmen reine<br />

Willkürakte <strong>der</strong> sowjetischen Besatzungsmacht.<br />

Ab 1946 kamen vermehrt von Sowjetischen Militärtribunalen (SMT) Verurteilte hinzu<br />

– oft auf Grundlage des Artikels 58 des russischen Strafgesetzbuches, dessen breite<br />

und schwammige Tatbestandsformulierungen von „konterrevolutionären Aktivitäten“<br />

letztlich als Vorwand für fast jegliche Verhaftung herangezogen werden konnten.<br />

Darüber hinaus gelangten zunehmend Personen in die Speziallager, die eine offene<br />

o<strong>der</strong> vermutete kritische Haltung gegenüber den Verhältnissen in <strong>der</strong> SBZ<br />

einnahmen. Selbst Angehörige des Wi<strong>der</strong>stands gegen den Nationalsozialismus<br />

fanden sich in den Lagern wie<strong>der</strong>. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die<br />

Speziallager keineswegs nur <strong>der</strong> Internierung von Nationalsozialisten dienten,<br />

son<strong>der</strong>n einen wesentlichen Teil <strong>der</strong> stalinistischen Herrschaftsmethoden in <strong>der</strong> SBZ<br />

darstellten.<br />

Die Lebensbedingungen in den Speziallagern waren katastrophal. Hunger,<br />

Krankheiten wie Tuberkulose, Typhus und Fleckfieber sowie Monotonie – gearbeitet<br />

wurde nicht – dominierten den Haftalltag. Alle Lager waren vielfach überbelegt. Viele<br />

Inhaftierte wurden in Straflager in <strong>der</strong> Sowjetunion überstellt, wo sie dann<br />

Schwerstarbeit leisten mussten. Insgesamt waren in den Speziallagern ca. 176.000<br />

Häftlinge interniert, von denen etwa je<strong>der</strong> Dritte den Tod fand. Im Sommer 1948<br />

kamen fast 30.000 Häftlinge auf Beschluss des sowjetischen Ministerrates frei. Die<br />

letzten drei Speziallager Buchenwald, Bautzen und Sachsenhausen wurden Anfang<br />

1950 aufgelöst. Die sowjetischen Instanzen übergaben die SMT-Verurteilten an die<br />

Strafvollzugseinrichtungen <strong>der</strong> DDR. Wer bis dahin ohne Gerichtsurteil in den<br />

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