Bericht der Bundesregierung zum Stand der Aufarbeitung der SED- Diktatur
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Pfarrhaus 1945 wie alle an<strong>der</strong>en in diesem Teil <strong>der</strong> Nauener Vorstadt liegenden 100<br />
Häuser von <strong>der</strong> sowjetischen Militäradministration requiriert und <strong>zum</strong> Sperrgebiet<br />
„Militärstädtchen Nr. 7“ umgewandelt.<br />
Die sowjetische Spionageabwehr Smersch baute das Haus Leistikowstraße 1 <strong>zum</strong><br />
zentralen Untersuchungs- und Durchgangsgefängnis um. Im Keller, im Erdgeschoss<br />
und im Ostflügel entstanden 36 Haftzellen. Im Untersuchungsgefängnis waren bis<br />
Mitte <strong>der</strong> 1950er Jahre nach bisherigen Schätzungen 900 bis 1.200 Menschen ohne<br />
jedes rechtsstaatliche Verfahren und unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert,<br />
für die Zeit danach können keine Angaben über Häftlingszahlen gemacht werden.<br />
Der Militärgeheimdienst hielt zunächst Deutsche und Sowjetbürger fest, von 1954 bis<br />
1983 ausschließlich sowjetische Militärangehörige und Zivilangestellte <strong>der</strong> in<br />
Deutschland stationierten Truppen <strong>der</strong> Sowjetarmee.<br />
Der sowjetische Geheimdienst überstellte die Inhaftierten nach ihrer Verurteilung<br />
durch ein Militärtribunal – <strong>zum</strong> Vorwurf „konterrevolutionärer Aktivitäten“ im Sinne<br />
des Artikels 58 des russischen Strafgesetzbuches vgl. Seite 135 – entwe<strong>der</strong> direkt in<br />
eines <strong>der</strong> berüchtigten Lager des GULag in die Sowjetunion o<strong>der</strong> in eines <strong>der</strong> zehn in<br />
<strong>der</strong> sowjetischen Besatzungszone befindlichen Speziallager wie Torgau o<strong>der</strong><br />
Sachsenhausen. Das Gefängnisgebäude wurde seit Mitte <strong>der</strong> 1980er Jahre als<br />
Materiallager genutzt.<br />
Nach dem Abzug <strong>der</strong> russischen Truppen im Jahr 1994 konnte <strong>der</strong> EKH das<br />
Gebäude und das Grundstück wie<strong>der</strong> in seinen Besitz nehmen.<br />
Entstehung und Entwicklung<br />
Um an die verübten Verbrechen zu erinnern und <strong>der</strong> Opfer zu gedenken, erarbeitete<br />
<strong>der</strong> Verein MEMORIAL Deutschland e.V. 1997 die im Jahr 2000 aktualisierte<br />
Ausstellung „Von Potsdam nach Workuta“ und betreute ehrenamtlich die Einrichtung<br />
einer Gedenk- und Begegnungsstätte gemeinsam mit einem För<strong>der</strong>verein. Bis 2008<br />
wurde das Gebäude mit bedeutenden Mitteln des Bundes und des Landes<br />
Brandenburg behutsam saniert. Im gleichen Jahr erfolgte <strong>der</strong> Neubau eines<br />
Besucherzentrums.<br />
Am 5. Dezember 2008 wurde die Stiftung Gedenk- und Begegnungsstätte<br />
Leistikowstraße Potsdam errichtet. Stifter ist <strong>der</strong> Evangelisch-Kirchliche Hilfsverein.<br />
Die rechtlich unselbstständige Stiftung wird durch die Stiftung Brandenburgische<br />
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