Bericht der Bundesregierung zum Stand der Aufarbeitung der SED- Diktatur
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Bautzen I wird wegen seiner gelben Klinker, aus denen es erbaut ist,<br />
umgangssprachlich als „Gelbes Elend“ bezeichnet. Bautzen I wurde 1904 am<br />
Stadtrand Bautzens als Königlich Sächsische Landesstrafanstalt für 1.100 männliche<br />
Häftlinge eingeweiht. Unter <strong>der</strong> NS-Terrorherrschaft diente die Anstalt zur<br />
Inhaftierung politischer Gegner. Vornehmlich waren es Kommunisten und<br />
Sozialdemokraten, später dann auch Häftlinge, die <strong>der</strong> rassischen Verfolgung <strong>der</strong><br />
Nationalsozialisten <strong>zum</strong> Opfer fielen.<br />
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges richtete das sowjetische NKWD in Bautzen<br />
I das Speziallager Nr. 4 ein, das von Mai 1945 bis zur Auflösung im Februar 1950<br />
insgesamt 27.000 Gefangene durchliefen. Rund 3.000 von ihnen starben aufgrund<br />
<strong>der</strong> unmenschlichen Haftbedingungen.<br />
Nach Gründung <strong>der</strong> DDR wurde die Haftanstalt mit knapp 6.000 Insassen, die durch<br />
die Sowjetischen Militärtribunale verurteilt worden waren, an die Deutsche<br />
Volkspolizei übergeben. Von Februar 1950 bis <strong>zum</strong> Ende <strong>der</strong> DDR unterstand<br />
Bautzen I dem Ministerium des Innern <strong>der</strong> DDR. Nach Entlassung <strong>der</strong> letzten dieser<br />
Verurteilten Ende <strong>der</strong> fünfziger Jahre wurden in erster Linie mehrfach vorbestrafte<br />
und wegen schwerer Delikte langzeitverurteilte Kriminelle inhaftiert. Bautzen I blieb<br />
bis <strong>zum</strong> Ende <strong>der</strong> DDR aber auch immer ein Gefängnis für politische Häftlinge: vor<br />
allem für „Republikflüchtlinge“, „Saboteure“, „Boykotthetzer“ und Zeugen Jehovas.<br />
Mit <strong>der</strong> Friedlichen Revolution 1989 endete die Geschichte des „Gelben Elends“ als<br />
Ort politischer Verfolgung.<br />
Bautzen II, direkt im Zentrum gelegen, war 1906 als Untersuchungsgefängnis für 200<br />
Häftlinge in Betrieb genommen worden. Während <strong>der</strong> NS-Terrorherrschaft befanden<br />
sich auch hier politische Gefangene in Untersuchungshaft. Die sowjetische<br />
Geheimpolizei nutzte Bautzen II ab 1945 als sogenanntes Operativgefängnis. Nach<br />
<strong>der</strong> Übergabe des Hauses an die sächsischen Behörden 1949 diente Bautzen II als<br />
Außenstelle von Bautzen I zunächst dem allgemeinen Strafvollzug.<br />
Seit August 1956 war Bautzen II inoffiziell dem Geheimdienst <strong>der</strong> <strong>SED</strong>-<strong>Diktatur</strong><br />
unterstellt. Das Ministerium für Staatssicherheit nutzte das Gefängnis für „beson<strong>der</strong>s<br />
gefährliche Staatsverbrecher“. Zwischen August 1956 und Dezember 1989 waren in<br />
Bautzen II insgesamt 2.350 Strafgefangene inhaftiert. Ihre Verurteilungen hatten bis<br />
zu 95 Prozent einen politischen Hintergrund. Unter den Gefangenen waren vor allem<br />
politische Gegner <strong>der</strong> <strong>SED</strong>-Führungsspitze, ausländische Häftlinge, die wegen<br />
Spionage o<strong>der</strong> Fluchthilfe verurteilt worden waren, aber auch straffällig gewordene<br />
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