Zweijahresbericht 2004/2005 - Bibliothek - GFZ
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Am <strong>GFZ</strong> Potsdam wurden die Kerne gemeinsam mit den<br />
Projektpartnern geöffnet, beschrieben und in Auflösung<br />
von 0,5 bis 2 cm Sedimentproben entnommen (unten<br />
rechts Abb. 5). Die erste vorläufige Korrelation der Kerne<br />
beruhte auf den Porositäts- und auf magnetischen Suszeptibilitätswerten.<br />
Dann musste eine für die klimatischen Rekonstruktionen<br />
zuverlässig anwendbare absolute Sedimentchronologie<br />
vorgelegt werden. Dieses Altersmodell für die vergangenen<br />
150.000 Jahre erstellten wir mittels radiometrischer<br />
Analysen ( 210 Pb, AMS- 14 C) und paläomagnetischer Messungen.<br />
Besonders geeignet für die Chronologie, die absolute<br />
Altersbestimmung, ist die Intensität der Magnetisierung<br />
der Seesedimente (Abb. 15). Sie hängt von zwei Faktoren<br />
ab:<br />
(i) von der Konzentration der magnetischen Partikel im Sediment.<br />
Diese ist von den Gesteinstypen im Einzugsgebiet,<br />
Verwitterungsprozessen, Transport- und damit verbundenen<br />
Fraktionierungsprozessen sowie den Redox-Verhältnissen<br />
im Ablagerungsmilieu, die über Erhalt oder Auflösung der<br />
magnetischen Partikel entscheiden, abhängig.<br />
(ii) von der Stärke des Erdmagnetfeldes zur Zeit der Ablagerung.<br />
Die magnetischen Partikel richten sich relativ<br />
schnell in der Wassersäule parallel zum aktuellen Magnetfeld<br />
aus und werden während der Ablagerung entsprechend<br />
von der umgebenden Sedimentmatrix fixiert. Der<br />
Ausrichtungsgrad ist dabei von der Größe der Partikel,<br />
d. h. vom Verhältnis magnetischer Moment zur Masse des<br />
Partikels, sowie von der Stärke des Magnetfeldes abhängig.<br />
Somit können im Sediment nicht nur die Lage und<br />
Richtungsänderungen des Erdmagnetfeldes aufgezeichnet<br />
werden, sondern auch seine Intensitätsschwankungen.<br />
Zur Kalibrierung werden meist nur die normierten relativen<br />
Änderungen ausgewertet. Zu einer solchen relativen<br />
Paläointensitätsbestimmung wird die Intensität der natürlichen<br />
Magnetisierung mit der Intensität einer später<br />
künstlich aufgeprägten Magnetisierung normiert. Da zur<br />
Magnetisierung ein Magnetfeld konstanter Richtung und<br />
Stärke verwendet wird, ist die damit produzierte Magnetisierung<br />
nur noch von der Konzentration der magnetischen<br />
Partikel abhängig. Das Intensitäts-Verhältnis von<br />
natürlicher zu künstlicher Magnetisierung spiegelt daher<br />
die relativen Änderungen des Erdmagnetfeldes zur Zeit<br />
der Sedimentation wider. Dieses gilt jedoch nur, wenn die<br />
magnetischen Komponenten nicht bei und/oder nach der<br />
Ablagerung durch chemische Prozesse verändert oder gar<br />
weggelöst wurden. Im Rahmen von Paläointensitätsbestimmungen<br />
werden daher meist umfangreiche Begleitmessungen<br />
durchgeführt, um derartige Fälle auszuschließen.<br />
Paläointensitätsbestimmungen werden seit etwa 10 bis<br />
15 Jahren systematisch durchgeführt.<br />
Mit Hilfe der Radiokarbonmethode (AMS 14 C) oder anderen<br />
Techniken (z. B. Thermo-Lumineszenz oder Optisch-<br />
Stimulierte-Lumineszenz) datierte Datenreihen zeigen<br />
häufig weltweit korrelierbare, vergleichbare Amplituden-<br />
variationen der Paläointensität, mit Perioden in der Größenordung<br />
von tausend bis zehntausend Jahren. Sie können<br />
somit zur Datierung von neu gewonnenen Bohrkernen,<br />
wie im Falle des Baikalsees herangezogen werden.<br />
Ausgeprägte Minima der Paläointensität sind zudem mit<br />
auffälligen Richtungsanomalien des Erdmagnetfeldes<br />
verbunden, die sich im Idealfall meist als kurzfristige, nur<br />
einige wenige tausend Jahre währende Umpolungen des<br />
Erdmagnetfeldes dokumentieren. Solche Ereignisse treten<br />
etwa alle 20.000 bis 50.000 Jahre auf. Sofern diese mit<br />
niedrigen Feldintensitäten verbundenen Richtungsänderungen<br />
im Sediment aufgezeichnet worden sind, können<br />
sie als weitere eindeutige Zeitmarkierung zur Datierung<br />
herangezogen werden. Für die Baikal-Chronologie liegt<br />
die Auflösung mittels charakteristscher Zeitmarken zwischen<br />
2000 und 4000 Jahren.<br />
Welche Klimabedingungen herrschten während der letzten<br />
beiden Interglaziale (Warmzeiten) in Zentralsibirien?<br />
In der Folge soll anhand von zwei Beispielen die Bedeutung<br />
der Temperatur- und der Feuchtigkeitsänderungen im<br />
regionalen klimatischen Umfeld erläutert werden.<br />
Einen tiefen Einblick in das Klimageschehen während historischer<br />
Zeit in Zentralsibirien erhielten wir durch die<br />
gezielte Untersuchung der wechselnden Diatomeenvergesellschaftungen<br />
(Mackay et al., <strong>2005</strong>). Für diese Untersuchung<br />
wurde ein mit Pb 210 und AMS- 14 C datierter Sedimentkurzkern<br />
aus dem Südbecken des Baikalsees verwendet.<br />
Zuerst wurden die Häufigkeiten der Diatomeenarten<br />
entsprechend ihrer Empfindlichkeit auf Lösungsvorgänge<br />
korrigiert. Nachdem die Diatomeenarten mittels<br />
einer Clusteranalyse gruppiert wurden, kristallisierten<br />
sich dabei drei Zeitzonen mit typischen Vergesellschaftungen<br />
heraus, nämlich aus den Zeiträumen 880 bis 1180<br />
Anno Domini (AD) (I), 1180 bis 1840 AD (II), und 1840<br />
bis 1994 AD (III). Das erste Zeitintervall, Zone I, entspricht<br />
der mittelalterlichen Warmzeit, gefolgt von der<br />
Kleinen Eiszeit, Zone II, und dem jüngsten Erwärmungstrend,<br />
Zone III (Abb. 16).<br />
Die Schlüsselarten, die ökologische Bedingungen, wie<br />
unterschiedliche Schneebedeckung der Eisdecke im Winter,<br />
oder sommerliche Schichtung der Wasserkolonne<br />
anzeigen, sind uns aus rezenten Studien bekannt (Abb. 16).<br />
Synedra acus, die häufigste Art in Zone I, ist eine weit verbreitete<br />
Form, die, im Gegensatz zu den endemischen Diatomeenarten,<br />
besonders gut bei hohem Lichtangebot<br />
gedeiht. Dies konnte bei Laborversuchen getestet und<br />
bestätigt werden. Worauf kann also ein bevorzugtes Auftreten<br />
der Diatomee Synedra acus hindeuten? Ein verstärktes<br />
günstiges Lichtangebot konnte vorliegen, wenn<br />
die Wolkenbedeckung im Frühjahr/ Sommer geringer als<br />
z. B. heute und damit die Sonneneinstrahlung beträchtlich<br />
erhöht war. Meteorologisch müsste folgender Kontext erstellt<br />
werden: Aus Studien in Westmonsun-beeinflussten<br />
Gebieten (Indien) ist bekannt, dass in Zeitzone I das Sommertief<br />
über dem Tibetischen Plateau stärker ausgeprägt<br />
war als heute. Das wirkte sich auf die Trajektorien der mit<br />
Feuchtigkeit beladenen Westwinde aus, die sich in der<br />
<strong>Zweijahresbericht</strong> <strong>2004</strong>/<strong>2005</strong> GeoForschungsZentrum Potsdam<br />
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