Zweijahresbericht 2004/2005 - Bibliothek - GFZ
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Department 1<br />
Geodäsie und Fernerkundung<br />
Globale Prozesse können den Lebensraum des Menschen<br />
auch innerhalb kurzer Zeiträume verändern. Ereignisse<br />
wie der Tsunami im Indischen Ozean vom 26.12.<strong>2004</strong><br />
oder die Überschwemmungen in New Orleans vom August<br />
<strong>2005</strong>, Erdbeben, Vulkanismus, die gegenwärtige starke<br />
Abnahme des Magnetfeldes, Tageslängenänderungen,<br />
Grundwasserverschiebungen und Änderungen im Massenhaushalt<br />
polarer Eisflächen sind unmittelbarer Ausdruck<br />
dieser Dynamik und zeigen direkt auch ihre gesellschaftliche<br />
Relevanz. Ihre Wirkung wird in der Variabilität<br />
des Gravitationsfeldes und des Magnetfeldes der<br />
Erde, der Veränderlichkeit der Erdrotation und in großräumigen<br />
Deformationen des Erdkörpers sichtbar. Permanente<br />
Überwachung und Erfassung von großen, aber<br />
auch von sehr kleinen Veränderungen erfordern ein umfassendes<br />
globales Erdbeobachtungssystem, das sowohl<br />
Ereignisse von sehr kurzer Dauer (Erdbeben, Vulkanausbrüche,<br />
Hangrutschungen, etc.) als auch Prozesse, die sich<br />
über Jahrhunderte oder gar Jahrmillionen erstrecken<br />
(postglaziale Landhebung, Plattenverschiebungen, etc.),<br />
erkennen kann. Die zugrundeliegenden Prozesse finden<br />
ihren Ausdruck in der seismologischen Struktur des Erdinnern<br />
und seiner stofflichen Zusammensetzung. Wesentliche<br />
Voraussetzung zum Verständnis des Systems Erde und<br />
seiner Dynamik ist die Kenntnis dieser Prozesse und<br />
Strukturen. Zu einem solchen System kann die Geodäsie<br />
und Fernerkundung einen ganz bedeutenden Beitrag liefern,<br />
denn die geodätischen Weltraumverfahren, die Satellitenmissionen<br />
und terrestrischen Beobachtungsmethoden<br />
ermöglichen es heute, das System Erde mit einer noch<br />
nie erreichten Genauigkeit zu erfassen.<br />
Global gewonnene, lange Zeiträume überdeckende Datenreihen<br />
von diesen Phänomenen sind von ausschlaggebender<br />
Bedeutung für eine gesicherte Prozessmodellierung<br />
(Geomonitoring). Zielvorgabe für diese Aufgabe ist es,<br />
eine die Kontinente, Ozeane und großen Eisflächen überdeckende<br />
integrierte Geomonitoring-<br />
Infrastruktur zu schaffen, diese im Verbund<br />
mit Teilstrukturen von internationalen<br />
Partnern und Diensten operationell zu<br />
betreiben und die damit erfassten Datenreihen<br />
in räumlich-zeitlich hochauflösende<br />
Modelle umzusetzen. Nur auf dieser<br />
Basis lassen sich Bezugssysteme und<br />
Modellgrößen mit größtmöglicher<br />
Genauigkeit und zeitlicher Frequenz<br />
bestimmen und überwachen.<br />
Die Vision eines solchen geodätischen<br />
Erdbeobachtungssystems, d. h. eines<br />
Global Geodetic Observing Systems<br />
(GGOS: Projekt der International Association<br />
of Geodesy (IAG)) zur Erfassung<br />
globaler Prozesse und Veränderungen umfasst daher als<br />
Erstes eine globale Beobachtungsinfrastruktur (Abb. 1.1).<br />
Sie muss aus drei unterschiedlichen Komponenten bestehen:<br />
(1) aus einem globalen, Kontinente überdeckenden<br />
Netz von integrierten geodätisch-geophysikalischen Permanentstationen<br />
mit Beobachtungstechniken wie VLBI<br />
(Very Long Baseline Interferometry), SLR/LLR (Satellite<br />
and Lunar Laser Ranging), DORIS (Doppler Orbitography<br />
and Radiopositioning Integrated by Satellite) und<br />
insbesondere GNSS (Global Navigation Satellite Systems:<br />
GPS, GLONASS und in Zukunft GALILEO) sowie<br />
gravimetrischen, seismischen, meteorologischen und<br />
anderen Sensoren, (2) aus Satellitenmissionen und ganzen<br />
Satellitenkonstellationen mit geeigneten Sensoren für<br />
das Monitoring des Schwere- und Magnetfeldes, der Meeres-<br />
und Eisoberflächen und der Deformation der Erdoberfläche<br />
und schließlich (3) aus einer Verdichtung dieser<br />
satellitengestützten Datensätze mit terrestrischen, flugzeug-<br />
und schiffgestützten Instrumenten. Diese integrierte<br />
Geomonitoring-Infrastruktur kann nur in einer engen<br />
Kooperation vieler internationaler Partner und Dienste<br />
operationell betrieben und weiter verbessert werden.<br />
Schließlich müssen als Teil dieser Vision die von einem<br />
GGOS gesammelten, ständig wachsenden Datenmengen<br />
mit neuesten Informationstechnologien erfasst, archiviert<br />
und immer näher an Echtzeit an die Nutzer verteilt werden.<br />
Äußerst effiziente Programmsysteme und Prozessierungseinheiten<br />
sind dann für die Modellierung und Interpretation<br />
der Schwerefelder, Magnetfelder, Deformationsfelder,<br />
Erdrotationsparameter und deren zeitliche<br />
Veränderungen erforderlich.<br />
Mit dieser national und international vernetzten Infrastruktur,<br />
den GNSS und anderen geodätischen Weltraumtechniken,<br />
den Schwerefeld- und Magnetfeldmissionen<br />
CHAMP, GRACE, GOCE, SWARM, den Ozean- und Eis-<br />
Abb. 1.1: Monitoring und Modellierung der Prozesse im System Erde.<br />
Monitoring and modelling of the processes in the Earth system.<br />
<strong>Zweijahresbericht</strong> <strong>2004</strong>/<strong>2005</strong> GeoForschungsZentrum Potsdam<br />
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