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PDF 24.208kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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zwischer weltlicher und geistlicher Macht, zwischen Herkules unten im Tal und<br />

Eremitage hoch oben am Berg, zum zweiten die in den Wald hineingestellten<br />

Eremitenfiguren und Kapellen, die auf langen Wegen zu Buße und Einkehr<br />

ermahnten.<br />

Der für die heutigen Menschen so erstaunliche spirituelle Impetus des Flavio und des<br />

Bonaventura Chigi in der Nachfolge des Antonius scheint in der Zeit der<br />

Gegenreformation durchaus Parallelen zu kennen. Bach-Nielsen verweist auf den<br />

Sacro Bosco von Bomarzo. Mir erscheinen die Sacri Monti oder auch das weit<br />

entfernte Kuks (siehe das folgende Kapitel) den Intentionen von Cetinale näher zu<br />

stehen: dennoch alle Anlagen weisen durch ihren Namen - Sacri Monti, Sacro bosco,<br />

Bethlehem, Thebaїs - bereits auf den religiösen Kontext; alle Anlagen wurden von<br />

Menschen geschaffen, die in großem Luxus eine umfassende Bildung erworben und<br />

zugleich das Leben in vollen Zügen genossen hatten; alle Anlagen wurden als<br />

Rückzugsorte nach einschneidenden persönlichen Erlebnissen eingerichtet; alle<br />

Anlagen zeichnen sich durch eine harmonische Einbettung in die Natur und durch<br />

eine künstlerische Gestaltung aus, die den Gegensatz von sakral und profan<br />

thematisiert; und alle Anlagen wollen den Besucher erziehen und erbauen oder rufen<br />

durch grelle Farben und ungewöhnliche Formen mindestens Erstaunen und<br />

Nachdenken hervor. Im direkten Vergleich von Cetinale und Kuks ist für mich die<br />

Sichtachse zwischen sakralem und weltlichem Bereich, die konkrete Ansiedlung von<br />

zeitgenössischen Eremiten, die Aufstellung von „erzieherischen“ Skulpturen, die<br />

überlebensgroße Darstellung berühmter Eremiten sowie die Fürsorge für Kranke<br />

besonders überzeugend. Dabei ist eine gegenseitige Kenntnis kaum möglich. Graf<br />

Anton Sporck machte zwar die übliche Grand Tour frühestens ab 1680 nach Italien,<br />

vielleicht hat er dabei in Rom sogar Flavio Chigi noch kennengelernt; vom<br />

vorhandenen Landhaus in Cetinale wird aber berichtet, dass es erst ab 1680<br />

umgestaltet und im Anschluss daran die Sichtachse in den Wald geschlagen wurde,<br />

das Eremitorium/Romitorium entstand 1714 auf Veranlassung von Flavios Neffen<br />

Bonaventura. Man muss davon ausgehen, dass Cetinale und Kuks gleichzeitig aber<br />

unabhängig voneinander geschaffen wurden. Der „Zeitgeist“ der extremen Spannung<br />

zwischen Weltlichem und Geistlichem war beiden gemeinsam.<br />

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