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Von nun an blickte alle Welt nach Frankreich, und der Ruhm der italienischen<br />

Gartenbaukunst verblasste. „Barocke Gärten waren Erlebnisräume im Freien (…),<br />

eine Gartenkunst, die die Natur zu einem Kunstwerk formt, zu einem Kultraum; der<br />

Repräsentation einer Zeit und Gesellschaft gewidmet, die im Herrscher des<br />

Absolutismus den Vertreter höherer Mächte anerkennt. Das prägende Vorbild für die<br />

Regierenden Mittel- und Nordeuropas waren die Gärten von Versailles.“ 149 Saint-<br />

Simon 150 sprach allerdings von Versailles als einem Ort, wo „die Natur bezwungen<br />

und tyrannisiert“ 151 wurde, und nach Jutta Held handelte es sich um ein<br />

„herrschaftszentriertes“ Naturbild und eine „absolutistisch besetzte Vorstellung einer<br />

beherrschten Natur“ 152 . In der Literatur werden diese zwischen 1650 und 1750<br />

entstandenen Anlagen als „architektonische Gärten“, „formale Gärten“,<br />

„geometrische Gärten“ oder auch als „Gärten im französischen Stil“ bezeichnet. Der<br />

„giardino segreto“, bisher der Ort für Ruhe, Erholung und persönlichen Rückzug,<br />

entwickelte sich zum Schauplatz für Feste und fürstliche Repräsentation.<br />

Versailles, das Jagdschloss seines Vaters Ludwigs XIII., war für Ludwig XIV. mit<br />

glücklichen Jugenderinnerungen verbunden und er wünschte es „sich zunächst als<br />

Refugium – vor allem für seine Amouren mit Mademoiselle de la Vallière“ 153 . Das<br />

Versailles jener Jahre „hatte den Charme der kleinen ländlichen Demeure“ 154 . Der<br />

Ursprung von Versailles war damit der klassische Fall einer höfischen Eremitage:<br />

aus einem kleinen, in Wäldern versteckten Jagdschloss wird ein privates Refugium,<br />

fern jeder höfischen Etikette, unter Einbeziehung eines nur ganz kleinen<br />

ausgewählten Kreises der Hofgesellschaft, ohne jeden religiösen Bezug. Der Baron<br />

Louis Nicolas de Breteuil nennt es in seinen Memoiren „une demeure de<br />

149<br />

Wilfried Hansmann: Baukunst des Barock, Form, Funktion, Sinngehalt, Köln 1978, S. 231.<br />

150<br />

Louis de Rouvroy, Duc de Saint Simon (1675-1755), Patensohn von Ludwig XIV., wuchs in<br />

Paris und Versailles auf. Seine Memoiren sind eine wichtige, wenn auch persönlich gefärbte<br />

Quelle über das Alltagsleben und die Machtkämpfe in Versailles.<br />

151<br />

Saint-Simon, Herzog von: Mémoires, hg. von A. Boislisle, Paris 1879-1926, S. 160.<br />

152<br />

Jutta Held: Monument und Volk. Vorrevolutionäre Wahrnehmung in Bildern des<br />

ausgehenden Ancien Régime, Köln / Wien 1990, zit. n. Sergiusz Michalski, Kunstchronik, 44.<br />

Jahrgang, August 1991, Heft 8, S. 438.<br />

153<br />

Hansmann, 1983, S. 97.<br />

154<br />

Claudia Hartmann: Das Schloss Marly – eine mythologische Kartause. Form und Funktion<br />

der Retraite Ludwigs XIV., Freiburg 1995, S. 156.<br />

45

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