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PDF 24.208kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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Für den Aufriss der Außenansicht gibt es einen kolorierten Kupferstich von Le<br />

Rouge (1787) sowie eine lavierte, unsignierte Federzeichnung von Friedrich<br />

Christian von Schatzmann (1786), die ebenfalls im Bentheimschen Archiv verwahrt<br />

wird. Des Weiteren ist im Amt für Denkmalspflege in Westfalen (LWL) der Abzug<br />

einer alten Fotoplatte aus dem Jahr 1895 erhalten, der die Innenansicht des Kiosks<br />

zeigt. Auf diesem Foto kann man zum einen am unteren Deckenrand eine Mischung<br />

aus gotischen und türkischen Dekorationselementen, zum anderen in den<br />

Wandfeldern vier in gotisierenden Kielbögen auslaufende Holzreliefs erkennen, die<br />

Szenen aus Klopstocks Hermannsschlacht darstellen. Diese fast drei Meter hohen<br />

und 1,5 Meter breiten Tafeln, sowie die gesamte Gebäudearchitektur weisen zum<br />

einen auf die Übernahme der exotischen Mode und zum anderen auf die Vorliebe für<br />

gotische Formen hin. Die national gefärbten Bildprogramme demonstrierten zugleich<br />

aber auch ein klares politisches Bekenntnis und die konservative Haltung des<br />

Besitzers von Steinfurt. 1292 Gartenbereiche werden zu einem Stück „politischer<br />

Landschaft“ 1293 . Der Kunsthistoriker Quatremère de Quincy gab u. a. folgende<br />

Erläuterung für „Kiosk“: „Kiosque. Ce mot est emprunté de la langue turque, et<br />

l‟objet exprimé par ce mot est aussi un emprunt fait aux usages des peuples du<br />

levant, où l‟on met au nombre des besoins indispensables de la vie, le besoin de<br />

passer des heures entières dans un repos absolu, à prendre le frais et à jouir en silence<br />

de la nature (…)“. Auch bei Quatremère de Quincy liegt die Betonung auf „repos<br />

absolu“, „silence“ „nature“, alles Begriffe, die auch für Eremitagen gelten. Im<br />

Zeitalter des Barock und Rokoko wirkten alle diese exotischen Parkbauten mit ihrem<br />

orientalischen Aussehen als ein Medium der Verfremdung und wurden damit per se<br />

zu einem Rückzugsort außerhalb des höfischen Zeremoniells. In den englischen<br />

Landschaftsgärten dagegen mutierten die exotischen wie auch die gotischen Gebäude<br />

hauptsächlich zu interessanten Staffagen für die Parkbesucher.<br />

1292<br />

1293<br />

errichteten Gebäude. (Korzus: ‚Neugotische Architkturen‟, in: Niedermeier, 2008, S. 31.)<br />

Eeva Ruoff dagegen spricht davon, dass die bisherigen Recherchen nicht umfangreich genug<br />

sind und stellt fest, dass im „Bagnopark der einstige Menagerie-Volière-Bau mit seinen<br />

Mondsicheln auch türkisch beeinflusst war“. (Ruoff, 2012, S. 191.)<br />

Fürst Ludwig zu Bentheim-Steinfurt war wie sein Wörlitzer Kollege, Fürst Leopold III. Franz<br />

zu Anhalt Dessau, Mitglied im Fürstenbund, einer Vereinigung von Fürsten, die versuchten,<br />

eine politische und geistige Abwehrfront zu den <strong>lib</strong>eralen Ideen der französischen Revolution<br />

aufzubauen.<br />

Martin Warnke: Politische Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur, München / Wien<br />

1992.<br />

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