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PDF 24.208kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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England entwickelte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts technisch, wirtschaftlich und<br />

politisch zum <strong>lib</strong>eralsten und fortschrittlichsten Lande Europas. In England hatte sich<br />

infolge der „Glorious Revolution“ genau einhundert Jahre vor der französischen<br />

Revolution die Macht von der Krone auf das Parlament verlagert. 237 Der bis dahin<br />

maßgebliche französische Barockgarten galt von nun an als Symbol von<br />

Absolutismus und Tyrannei und das geometrische Gefüge mit schnurgeraden Alleen<br />

und in Form von geschnittenen Sträuchern und Bäumen als Vergewaltigung der<br />

Natur. Die freiheitsliebenden Briten assoziierten den streng geometrischen<br />

Formalismus der französischen Gartenarchitektur mit Autokratie und<br />

Zwangsherrschaft. Mit der künstlerischen Gartengestaltung als antiabsolutische<br />

Haltung und mit der strikten Ablehnung der formalen Gärten wurde nicht nur die<br />

„Natur anstelle der Unnatur des Barockgartens verehrt“ 238 , sondern durch die<br />

Umsetzung einer neuen <strong>lib</strong>eralen Weltordnungsvorstellung mit der Naturfreiheit die<br />

Freiheit der Gesellschaft verkündet. 239 Der englische Landschaftsgarten wurde somit<br />

schon bald nach seiner Entstehung zum politischen Bedeutungsträger. Es ist daher<br />

nicht verwunderlich, dass diese neue Form der Gartengestaltung ab 1720 zuerst im<br />

Umkreis Londons auf den Landsitzen und Villen einer Gruppe oppositioneller<br />

Adliger, Dichter und Politiker, die im Parlament gegen die ersten englischen Könige<br />

aus dem Hause Hannover und gegen Machtmissbrauch und Korruption während der<br />

Whigregierung des Premierministers Sir Robert Walpole kämpften, entstand. 240 In<br />

Kunst und Literatur entwickelte sich als Gegenpol zum rationalen Denken, vor allem<br />

gegen Ende des Jahrhunderts, die Betonung des Gefühls. „Das empfindsame<br />

Zeitalter, die sentimentale Natursehnsucht, aber auch die Ästhetik des Schrecklichen<br />

und Erhabenen, die romantische Flucht ins Mittelalter, Neugotik und Schauerroman<br />

237<br />

238<br />

239<br />

240<br />

Es mag ein pikanter Zufall der Geschichte sein, dass der Whig-Philosoph John Locke, der die<br />

neuen <strong>lib</strong>eralen Prinzipien formulierte, sich an Bord desselben Schiffes befand, mit dem der<br />

Gegenspieler Ludwigs XIV., Wilhelm von Oranien, in seinen neuen Herrschaftsbereich<br />

England fuhr. (Sühnel, 1977, S. 9.)<br />

Géza Hajós: Romantische Gärten der Aufklärung, Englische Landschaftskultur des 18.<br />

Jahrhunderts in und um Wien, Wien / Köln 1989, S. 27.<br />

Adrian von Buttlar: ‚Der englische Landsitz 1715-1760 – Symbol eines <strong>lib</strong>eralen<br />

Weltentwurfs‟, in: Studia Iconologica Bd. 4, 1982, S. 140.<br />

Buttlar, 1989, S. 17.<br />

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