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PDF 24.208kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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Unterwelt zu spüren‟. (…) Sie dienten der anhaltenden Sehnsuch nach Einsamkeit,<br />

waren stille, melancholische Reviere und in der Wildnis heimisch, sie sollten daher<br />

in abgelegenen Winkeln stehen.“ 852 Ihre Ausstattung mit Naturabgüssen und<br />

Muschelwerk – dem von der Natur gelieferten Schmuck – und das Wasser schaffen<br />

elementare Beziehungen zur umgebenden Natur. In der Gartenkunst ist die Grotte<br />

zwar auch als Naturgebilde zu finden, in der Mehrheit jedoch stellten die Grotten<br />

Kunstgebilde dar.<br />

Die Kenntnis dieser italienischen Grottenanlagen wird durch die Beschreibung von<br />

Architekten und Ingenieuren, die Italien oft über mehrere Jahre besuchten, in Europa<br />

verbreitet. Zu den einflussreichsten „Reiseschriftstellern“ jener Zeit gehörten<br />

Furttenbach d. Ä., de Caus und Schickardt. 853 In diesen Beschreibungen geht es<br />

allerdings meist weniger um das Aussehen der Grotten als um die Gestaltung der<br />

technischen Seite. 854 Furttenbach schlägt z.B. rustizierte Fassaden vor. Er wünscht<br />

wenige Fenster, denn die Grotte muss etwas Finsteres sein und der Anschein einer<br />

vermeintlich von der Natur geschaffenen Höhle gewahrt bleiben. Die<br />

Innenausstattung und die Wasserspiele, die der Grotte erst das Leben geben,<br />

interessieren weit mehr. 855<br />

Im kühleren nördlichen Klima entwickelte sich in vielen Fällen als Kombination von<br />

Grotte und Architektur die Sala terrena, wie sie u.a. im Palais Waldstein in Prag, in<br />

Salzdahlum, in Pommersfelden, in der Brühlschen Terrasse oder im Landsitz<br />

Favorite von Sibylla Augusta und in weiteren Barockschlössern errichtet wurde. 856<br />

852<br />

853<br />

854<br />

855<br />

856<br />

Hennebo / Hoffmann, 1965, S. 61 und S. 69-71.<br />

Joseph Furttenbach d. Ä. (1591-1667) mit Newes itinerarium Italiae, Ulm 1627 (Nachdruck<br />

Hildesheim 1971), Salomon de Caus (1576-1626) mit Les raisons des forces mouvantes avec<br />

diverses machines, dessins des Grottes et Fontaines propres pour l’ornement des Palais,<br />

Maisons de Plaisance et Jardins, Frankfurt 1615 und der württembergische Hofbaumeister<br />

Heinrich Schickardt mit Beschreibung einer Reiß, welche Friderich Hertzog zu Würtemberg<br />

und Teck im Jahr 1599 in Italiam gethan, Mömpelgard 1602. (Nachdruck Herrenberg 1986.)<br />

Markowitz, 1955, S. 70.<br />

Furttenbach, Architectura recreationis, Augsburg 1640, S. 33 und Mannhafter Kunstspiegel,<br />

Augsburg durch Joh. Schultes Anno MDXLIII, S. 152, zit. n. Markowitz, 1955, S. 91.<br />

Als weiteres Beispiel von vielen italienischen Landhäusern sei die Villa di Castello von<br />

Cosimo I. im Norden von Florenz erwähnt. Dort wird ein sitzender Greis, ein Regengott, dem<br />

aus allen Poren der Haut, aus Bart- und Haupthaar Wasser floss, als ein viel bewundertes<br />

Kunstwerk in einer dreiteiligen Grotte, in der ein fortwährender Regen Kühlung brachte,<br />

dargestellt. Montaigne besuchte 1580 den Garten und schilderte in seinem Journal de Voyage<br />

en Italie begeistert den Regengott und die vielfältigen Wasserscherze im Labyrinth. Die<br />

Wasserkünste in Tivoli mit Wasserorgel und Wassertheater oder die Grotten in Pratolino, in<br />

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