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PDF 24.208kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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Die Hauptallee, die von Bayreuth und von St. Georgen als ein mit Linden gesäumter<br />

„Königsweg“ 604 zur „Eremitage“ führt, endet nicht am Hauptportal des Schlosses,<br />

sondern führt auf die neben dem Schloss liegenden Wirtschaftsgebäude zu.<br />

Stattdessen diente ein künstlich aufgetürmter Felsen, ein „Parnass“ 605 , mit dem<br />

geflügelten Pferd Pegasus, unter dessen Hufen Wasser herunterlief, mit der Gestalt<br />

des Apoll und mit den neun Musen als Eingangstor (Abb. 113). Dieser aus<br />

Tuffsteinen zusammengesetzte Berg war nach vier Seiten offen. „Die Funktion als<br />

Gartentor ist ungewöhnlich und nur programmatisch zu verstehen.“ 606 Mit der<br />

Aufstellung der neun Musen „wird der Fürst zu Apollo, zum Musageten, und seine<br />

Residenz zum Parnass, zum Helikon, zum Musensitz, zum Musenhof“. 607 Dies<br />

bedeutet, dass schon vor Wilhelmine die „Eremitage“ einerseits als ländliches<br />

Refugium, aber zugleich als barockes Lustschloss mit den damaligen Vergnügungen<br />

und den äußeren Attributen eines Musenhofs konzipiert wurde. Der Weg zum<br />

Schloss knickt nun nach links unter dem Parnass ab und führt zu einem in der Erde<br />

versenkten rustizierten Tor (Abb. 114).<br />

Der Festsaal im Nordflügel dagegen verzichtet auf Grottenmauerwerk und besitzt<br />

stattdessen ein Mauerwerk aus glatten Hausteinen und Marmorverkleidungen. Dieser<br />

nördliche Festsaal mit seinen zwei seitlichen Antichambres war trotz seines<br />

klösterlichen Namens „Refektorium“ durchaus auch für weltliche Lustbarkeiten<br />

vorgesehen. Die zur Gartenanlage gerichtete Nordseite ist daher die am reichsten<br />

verzierte und mit den höchsten Würdeformen ausgestattete Fassade. Der<br />

eingeschossige Baukörper, mit einem niedrigen Sockel, wird durch ein stark<br />

604<br />

Bis heute gültiger Name.<br />

605<br />

Der Parnass mit den von Elias Ränz geschaffenen Statuen ist heute nicht mehr vorhanden. Es<br />

gibt im Stadtmuseum Bayreuth eine Abbildung, die das ehemalige Aussehen dieses Parnasses<br />

zeigt. Der Parnass als Sitz der Götter ist ein altes Gartenmotiv, das u.a. in der Renaissance in<br />

Italien (Pratolino), in Versailles als Felsenhügel und in verschiedenen Anlagen in<br />

Deutschland z.B. in Salzdahlum und Veitshöchheim Verwendung fand.<br />

604 Sylvia Habermann: Bayreuther Gartenkunst. Die Gärten der Markgrafen von Brandenburg-<br />

Culmbach im 17. und 18. Jahrhundert, Worms 1982, S. 100. In einer Untersuchung von Karl<br />

Möseneder: Zeremoniell und monumentale Poesie, Berlin 1983, S. 91ff über die „Entrée<br />

solennelle“ Ludwigs XIV. 1660 in Paris wird allerdings festgestellt, dass „die typologischen<br />

Vorbilder für den ‚Berg als Bogen‟ im Theaterbereich zu finden sind. Bereits seit Serlio war<br />

der Felsbogen typisches Element der ‚scena bucolica‟. Auch in Bayreuth gab es derartige<br />

Parnassdarstellungen als Felsbogen im Theaterbereich. (Gansera-Söffing, 1990, S. 439.)<br />

607<br />

Peter Fuchs: ‚Der Musenhof. Geistesleben und Kultur in den Residenzen der Neuzeit‟, in:<br />

Kurt Andermann: Residenzen - Aspekte hauptstädtischer Zentralität von der frühen Neuzeit<br />

bis zum Ende der Monarchie, Sigmaringen 1992, S. 129.<br />

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