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Marly-le-Roi<br />

Wie eng das von Ludwig XIV. geschaffene Marly (1677-1684) mit der Person des<br />

Monarchen verbunden ist, zeigt schon äußerlich die Namensgebung Marly-le-Roi<br />

und wird durch das weitere Schicksal der Schloss- und Gartenanlage ab 1715 nach<br />

dem Tode des Königs überdeutlich bestätigt. 176 „Ludwig XIV., endlich müde aller<br />

Schönheit und der Höflingsschar, überredete sich, dass er von Zeit zu Zeit das Kleine<br />

und die Einsamkeit verlange (…). Er fand endlich hinter Louveciennes ein enges Tal,<br />

unzugänglich durch Sümpfe, ohne Aussicht, von allen Seiten durch Hügel<br />

eingeschlossen (…). Die Eremitage wurde erbaut. Nur drei Nächte wollte man dort<br />

zubringen (…) mit einem Dutzend Höflingen für den notwendigsten Dienst.“ 177 Für<br />

alle Mitglieder des Hofes galt es als höchste Ehre, zu den dreitägigen Ausflügen nach<br />

Marly, den „Marlys“, eingeladen zu werden. Dieser raffinierte<br />

Steuerungsmechanismus am Hofe von Versailles gehörte zur feinsinnigen<br />

Machtausübung des Königs, zu einer Art Domestizierung des Adels. 178 Der Dichter<br />

Jean Racine beschrieb 1687 das Leben in Marly als perfekten Gegensatz zum<br />

offiziellen Hofleben in Versailles: „Vous ne sauriez croire combien cette maison de<br />

Marly est agréable; la cour y est, ce me semble, tout autre qu‟à Versailles. Le Roi<br />

même y est fort <strong>lib</strong>re et fort caressant. On dirait qu‟à Versailles il est tout entier aux<br />

affaires et qu‟à Marly il est tout à lui et à son plaisir.” 179 Die Schwägerin Ludwigs<br />

XIV., Lieselotte von der Pfalz, beklagte sogar in einem Brief an ihre Tante Sophie in<br />

176<br />

177<br />

178<br />

179<br />

Der Abbruch von Marly, vom Regenten sofort nach dem Tode Ludwigs XIV. veranlasst,<br />

konnte gerade noch durch das energische Eingreifen Saint-Simons verhindert werden. Ein<br />

Teil des Mobiliars wurde bereits 1716 versteigert. Unter Ludwig XV. wurde das Schloß in<br />

den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts wieder instandgesetzt und vom Architekten<br />

Jacques Ange Gabriel den neuen Raumwünschen entsprechend mit kleineren Räumen<br />

ausgestattet. Unter Ludwig XVI. gab es keine baulichen Veränderungen und das letzte große<br />

Fest in Marly wurde 1782 veranstaltet. Im Gefolge der französischen Revolution wurde ab<br />

1793 alles Mobiliar veräußert oder nach Paris gebracht. Die Eisenteile, z. B. Wasserrohre,<br />

wurden ausgegraben und eingeschmolzen. Damit ging die endgültige Zerstörung der<br />

Gartenanlagen einher (Abb. 30). Nach vergeblichen Versuchen einer sinnvollen Nutzung<br />

wurden die heruntergekommenen Gebäude nach 1815 abgerissenen und die Anlage dem<br />

Erdboden gleichgemacht. (Claudia Hartmann, 1995, S. 146-151.)<br />

Gothein, 1926 II, S. 166. Sie zitiert an dieser Stelle die Memoiren des Herzogs von Saint-<br />

Simon (1675-1755), der diesen Bericht allerdings erst nach vier Jahrzehnten niederschrieb.<br />

Der Herzog von Saint-Simon machte in seinen Memoiren eine interessante<br />

Gegenüberstellung mit den Begriffen „la foule“ (die Hofgesellschaft) auf der einen und „la<br />

solitude“ (Refugium mit einer privilegierten Höflingsschar) auf der anderen Seite.<br />

Jean Racine in einem Brief an Nicolas Boileau-Despréaux (1687), zit. n. Hartmann, 1995,<br />

S. 156.<br />

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