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PDF 24.208kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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Die ungenierte Verwendung völlig gegensätzlicher Elemente aus verschiedenen<br />

historisierenden Baustilen 1298 und unterschiedlichen Religionen innerhalb eines<br />

Gebäudes ist deshalb möglich, weil es nicht um echte Inhalte geht, sondern nur um<br />

Staffagen zur Verschönerung der Gärten. Diese exotischen Parkbauten im<br />

Schwetzinger Sommerschloß sind weitere zeittypische „Attraktionen“ in der<br />

weitläufigen Schwetzinger Parkanlage. Dabei erfuhr der Eremitagengedanke in<br />

Verbindung mit einem „Cloître“ und islamischer Architektur, wie das Pendant auf<br />

der gegenüberliegenden Gartenseite, dem Badhaus, eine fremdartige und<br />

ungewöhnliche Realisierung. Moschee und Badhaus waren Rückzugsorte für den<br />

Fürsten und stellen in diesem Sinne, ohne eigentliche Benennung, „Eremitagen in der<br />

Eremitage“ dar. Die sakrale Bauform sowohl islamischer als auch christlicher<br />

Provenienz kann in der damaligen Zeit nur als Fassade bezeichnet werden kann, da<br />

sie nie als sakraler Ort fungierte. Erst im 20. Jahrhundert wurde die Pseudomoschee<br />

vorübergehend von der türkischen Gemeinde der Stadt Schwetzingen genutzt. Im 18.<br />

Jahrhundert war sie „Stimmungsarchitektur und optischer Blickfang“, im besten Fall<br />

eine „Reverenz gegenüber dem Orient als Ursprungsland der Religionen“ 1299 .<br />

Im Obergeschoss des von Friedrich Wilhelm II. 1786 erbauten Marmorpalais<br />

befindet sich ein orientalisches Kabinett in Form eines „türkischen Zelts“ 1300 aus<br />

blau-weiß gestreiftem Atlas und Draperien aus gelbem Stoff. Schwarze und weiße<br />

Straußenfedern schmücken die einzelnen Kompartimente. Ein seidenbezogener<br />

Diwan nimmt die gesamte Seite des achteckig wirkenden Raumes ein. Ein heute<br />

nicht mehr vorhandener achtarmiger Kronleuchter mit einem „Turban“ und „Urnen<br />

aus chinesischem Porzellan“ auf kleinen Mahagonitischchen „verliehen dem Raum<br />

noch mehr vom strahlenden Glanz exotischer Bauten“ zur Zeit Friedrich Wilhelms II.<br />

1298<br />

1299<br />

1300<br />

Eeva Ruoff, 2012, S. 200, Fußnote 46. Kraffts Werk ist in den drei Sprachen französisch,<br />

englisch und deutsch herausgegeben.<br />

Siehe Magdalenenklause in Nymphenburg<br />

Maier-Solgk / Greuter, 1997, S. 112.<br />

Diese Art von türkischen Remiszenzen finden sich häufig u. a. in Pillnitz. Das angeblich erste<br />

Zelt war ein Geschenk des türkischen Botschafters an Ludwig XV. in Form von mehreren<br />

Lederzelten für den Park von Compiègne; diese „Türkenmode“ wurde sofort nachgeamt. Sie<br />

fand 1782 ihren Höhepunkt mit Mozarts Oper „Entführung aus dem Serail“ (Chapotot, 1999,<br />

S. 100.)<br />

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