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PDF 24.208kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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Jahrhundert eine alles Maß übersteigende Stärke gewonnen. Der Hauptgrund aber<br />

muß in dem Geiste der Zeit gesucht werden, der gegen die pomphafte Öffentlichkeit<br />

des Lebens im Zeitalter Ludwigs XIV. in intimen, kleinen Kreisen, in denen sich<br />

mehr und mehr eine Sehnsucht nach Einsamkeit bemerkbar machte, Befriedigung<br />

und Überwindung der Langeweile suchte.“ 75 Schon der Ulmer Architekt und<br />

Chronist Joseph Furttenbach d. Ä., der zwischen 1608 und 1618 sich in Italien<br />

intensiv mit Architektur und Gartenkunst befasst hatte, zeigte großes Verständnis für<br />

dieses Bedürfnis der herrschenden Adelsschicht, wenn er schreibt, „dass nach lang<br />

ertragner last des Regiments ein Fürst und Herr Somerszeit allda (im Garten-Saloto)<br />

zu Abends ein stiller Ort und absonderliche Wohnung habe, sein gemüth durch<br />

horung des Vogelsangs ausruhe / (…) und die Gedanken also zu erquicken das sie<br />

andern tags desto beraiter und williger widerumben die ihr von Gott aufgetragene<br />

Regierung erdulden könden.“ 76<br />

In der äußeren Gestaltung entwickelten sich zwei verschiedene Bautypen: einerseits<br />

südlich der Alpen die herrschaftliche „Villa suburbana“ im „italienischen“-<br />

Renaissance-Stil und andererseits nördlich der Alpen die luxuriösen Lustschlösser im<br />

französisch/holländischen Stil mit entsprechenden Gartenanlagen. Die Bauten, die<br />

teilweise explizit „Eremitage“ genannt wurden, behielten dabei durch die<br />

Verkleinerung der Gebäude und die Situierung in Randlagen der Parks oder in<br />

Wäldern die architektonischen Grundelemente von religiösen Eremitagen bei. Die<br />

Entwicklung von der religiösen zur profanen Eremitage setzte in Italien bereits in der<br />

Renaissance ein, in den mittel- und nordeuropäischen Ländern umfasste sie vor allem<br />

die Zeit des Barock und Rokoko.<br />

Die erwähnte Tagung in Ferrara hatte nicht zufällig das Thema „Eremitage“ gewählt.<br />

Wenn der gebildete Europäer das Wort „Eremitage“ hört, denkt er zuerst einmal an<br />

eines der bedeutendsten Museen der Welt, die Eremitage in St. Petersburg. Katharina<br />

d. Gr. ließ zwei Jahre nach ihrem Regierungsantritt 1764 neben dem Winterpalast ein<br />

Gebäude errichten, das sie „Kleine Eremitage“ nannte. Es war für sie zunächst ein<br />

privater Rückzugsort, in dem sie ausgewählte Gäste empfing, und zugleich ein Ort,<br />

75<br />

76<br />

Marie-Luise Gothein, Geschichte der Gartenkunst, Bd. II, 1926, S. 365.<br />

Joseph Furttenbach d. Ä.: Architectura civilis, Augsburg 1640, S. 33. Nachdruck Hildesheim<br />

1971.<br />

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