Salutogenese – Das Jahrbuch der KIT-Fakultät für Architektur 2021

Der systemische Kollaps durch die Pandemie
ist ausgeblieben. Er wurde durch das Einschreiten
regulativer Einheiten durch plötzliche und schrittweise
wirtschaftliche Restriktionen und Kappungen
der physisch-sozialen Verflechtungen der Gesellschaft
verhindert – durch die restriktive Massenquarantäne,
kurz: Lockdown.
Mit der Schließung öffentlicher Einrichtungen wurden
sämtliche Möglichkeiten der physischen Begegnung
gekappt. In dieser Situation kann eine Gesellschaft
ihrer Funktion der Gewährung psychosozialer
Widerstandsressourcen, nämlich Kultur, das Recht
auf sozialen Austausch und die Wahrnehmung sozialer
Verpflichtungen sowie auch das Erhalten stabiler
Überzeugungen (Mindsets) für das Individuum nicht
mehr vollumfänglich nachkommen.
Gleichzeitig wurde der Versuch unternommen,
den wirtschaftlichen Schaden durch Aufrechterhaltung
wichtiger Wirtschaftsbereiche wie der
Baubranche und der Grundsicherung gering zu halten
und die Gesellschaft operativ weiterzuführen.
Die Pandemie zeigte sich als Indikator, der
die Beziehungsgeflechte der Gesellschaft offenlegt.
Wenn die Stadt mit ihrer Vielzahl an öffentlichen
Treffpunkten als Katalysator der Gesellschaft galt,
galt sie schlagartig als Katalysator der Pandemie.
Stadt wurde Risikogebiet, Gesellschaft Risiko.
Die Pandemie als weltweites Phänomen erlaubte ein
rigoroses Vorgehen, die Trennung der sozialen oder
emotionalen Beziehungen von den operativen oder
motorischen Prozessen der Gesellschaft. Die Stadt als
deren Schmelztiegel wurde lobotomiert.
Diejenigen Faktoren, die unsere Gesellschaft treiben,
wie Austausch, Kommunikation, Vernetzung wurden
zwar bezogen auf die Erwerbstätigkeit aufrechterhalten,
jedoch entfiel die Möglichkeit der umfänglichen
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Diskurs