Salutogenese – Das Jahrbuch der KIT-Fakultät für Architektur 2021

Grün und Psyche in den Städten
Prof. Christian Inderbitzin
Prof. Dr. Joaquín Medina Warmburg
Ein Interview mit Prof. Dr. Andreas Meyer-
Lindenberg, Direktor des Zentralinstituts für
Seelische Gesundheit in Mannheim.
Joaquín Medina Warmburg: Vielen Dank, dass Sie sich
Zeit für dieses Gespräch über den Begriff Salutogenese
nehmen. Aaron Antonovsky hat Ende der 1970er-
Jahre damit verschiedene Maßnahmen und Faktoren
zusammengefasst, die der körperlichen und geistigen
Gesundheit förderlich sind. Im Jahrbuch der Fakultät
für Architektur widmen wir uns der Salutogenese
und fragen uns nach der diesbezüglichen Relevanz
von Architektur und Städtebau. Welche Antworten
ergeben sich hierzu aus Sicht der Medizin, insbesondere
hinsichtlich des psychischen Wohlergehens?
Andreas Meyer-Lindenberg: Das hängt natürlich vom
Gesundheits- oder vom Krankheitsbegriff ab. Der normative
Gesundheitsbegriff laut World Health
Organization (WHO) definiert die Gesundheit als
einen Zustand des umfassenden körperlichen, geistigen
und sozialen Wohlbefindens: Ein asymptotischer
Zustand, den man im realen Leben nur selten
erreicht. Die WHO sagt auch explizit: Gesundheit ist
nicht lediglich das Freisein von Krankheit oder
Schwäche. Es gibt einen ganzen großen Graubereich
von Abweichungen von dem vollkommenen Wohlbefinden.
Das Individuum in seiner Befindlichkeit
muss vom idealtypischen Gesundheitsbegriff unterschieden
werden. Insofern hat es die Medizin in ihrer
Geschichte nicht so leicht damit gehabt, die weitere
Umgebung des Individuums in den Blick zu nehmen.
Der Krankheitsbegriff definiert sich zum Teil explizit
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Diskurs