Salutogenese – Das Jahrbuch der KIT-Fakultät für Architektur 2021

aufgewachsen ist, umso gesünder ist sie hinsichtlich
der Psyche.
Inderbitzin: Werden bestimmte Stoffe im Körper freigesetzt,
wenn ich mich im Grünen aufhalte?
Meyer-Lindenberg: In einer Untersuchung, die wir vor
etwas mehr als einem Jahr veröffentlicht haben,
gingen wir der Frage nach, wie es sich mit dem Effekt
des Grüns in der Stadt verhält. Es gibt eine ausgedehnte
Literatur zur Frage der sogenannten Biophilie.
Diese Literatur geht von einem sehr nahen, taktilen
Umgang mit der Natur aus. Durch die Kombination
von Satelliten und Begehung haben wir erfahren,
dass eine sehr deutliche Beziehung besteht zwischen
dem Ausmaß an Grünflächen, denen man in seinem
Alltagsleben in der Stadt begegnet, und dem wahrgenommenen
Wohlbefinden. Eine Situation ohne jedes
Grün kommt in unseren Bereichen in Mannheim,
Heidelberg, Ludwigshafen, Rhein-Neckar-Kreis bis in
die Pfalz fast nie vor. Aber ich kenne Orte, wo ich selber
eine Zeit lang gearbeitet habe, die ich als unglaublich
bedrückend empfand. Es war zum Beispiel das
Quartier von La Défense in Paris, was eine Betonwüste
ist: ganz viel Kunst, aber nicht ein einziger Baum.
So kann ich unsere Forschungsergebnisse ein Stück
weit persönlich nachvollziehen. Unsere Daten zeigen,
dass der Unterschied zwischen der Situation ohne
Grün und der im Park eine Differenz im per sönlichen
Wohlbefinden ausmacht wie die stärkste soziale Interaktion
mit meinen Freunden. Das Ein zige, was
noch einen größeren Unterschied ausmacht im Wohlbefinden,
ist, momentan Sex zu haben. Da kommen
die Grünflächen auch nicht ran, aber alles darunter
hat diesen Effekt.
Inderbitzin: Ist das messbar?
Inderbitzin, Medina Warmburg
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