Geschichte der Königlich Preussischen ... - Warburg Institute

288 l~Oh. Helmholtz, P^ntdeckungsgeschichte des Princips der kleinsten Action.
Freundin, der Marquise du C bastelet, gehörte, zum Studium von Newton's
Theorien versammelt. Maupertuis, von einer Polarreise und aus England zurück-
gekehrt, hatte als begeisterter Apostel Newton's Voltaire und die ^Nlarcpiise für
die mathematische Phj-sik gewonnen und empfiehlt ihnen einen jungen Schweizer
Samuel Koenig als Lehrer der Mathematik.
Die Marquise ist für das neue Studium so begeistert, dafs sie Voltaire seine
historischen Manuscripte über das Jahrhundert von Louis XIV. wegzunehmen sucht,
damit er bei seinen mathematischen Studien fleifsiger sei. Auch in diesem Falle
geschah, was ziemlich regelmäfsig geschieht, so oft eine neue fruchtbare Entdeckunggemacht
ist, welche eine Menge bisher unmöglicher Dinge möglich gemacht hat.
Der Enthusiasmus der Menschen ptlegt sich dann zu überstürzen; sie hoffen, nun
werde Alles, w^as bisher unmöglich war, möglich werden. Eben jetzt spielt bei
ims die Elektricität eine solche Rolle; damals war es Newton's Gravitation und
Analysis. Jeder, der ein wenig von der Sache versteht, glaubt dann zugreifen zu
müssen, um einige wunderbare Entdeckungen für sich auf die Seite zu bringen,
und bemüht sich nicht viel mit kritisclien Überlegungen, ob seine Entdeckungen
auch ganz stichhaltig seien.
In eine solche Stimmung nmls man sich Iiineindenken , um zu verstehen, was
nachher hier in Berlin vorging.
Daneben hatte aber doch auch noch die von Leibniz gegen Descartes
wieder hervorgehobene teleologische Betrachtungsweise des Weltlaufs einen tiefgehenden
Einfluls auf eine grofse ]Majorität der Gebildeten. Gerade unsere Geschichte
zeigt, wie wohlangebracht Voltaire's gelegentliche Warnungen waren,
man möchte die Mathematik nicht durch die Metaphysik vei'dei'ben.
^Maupertuis war in hervori'agendem Mafse, was wir einen geistreichen Mann
zu nennen pflegen, mit allen Vorzügen und Feldern eines solchen. Dabei war er
thatkräftig und ehrgeizig. Schon als junger ^Nlann hatte er durch seinen Eifer bei der
französischen Regierung durchgesetzt, dafs neben einer äquatorialen Gradmessungs-
expedition unter Condamine auch eine solche nach Lappland abging, der er
selbst sich anschlofs, um eine sichere Entscheidung für die von Newton theore-
tisch behauptete Abplattung der Erde gegen Descartes zu gewinnen. Bei dieser
Gelegenheit hat er sich nicht nur als guter Geodät bewährt, sondern auch ^Nluth,
Ausdauer und luiverwüstlichen Humor gezeigt. Aber er war gleichzeitig ein hochmütliiger
imd eitler Mann, herrsclisüchtig, unduldsam gegen jeden Widerspruch
und imbarmherzig gegen seine Gegner. Seinen Sieg über die Cartesianer, den die
Lappländische Expedition ihm eingetragen, hatte er durch Verspottung des liebenswürdigen
und harmlosen Astronomen Cassini so hart ausgebeutet, dafs die Stimmung
in den wissenschaftlichen Kreisen von Pai-is anfing, sich gegen ihn zu wenden
und er es wohl deshalb vorzog, der an ihn ergangenen Berufung als Präsident
dieser Akademie nach Berlin zu folgen.
Die Aufgabe, deren Lösung König Friedrich TL dabei hauptsächlich im Auge
hatte, die Regeneration der Akademie, hat er, wie man anerkennen mufs. glücklich
durchgeführt. Der König hatte ihm eine ausgezeichnete Stellung, hohen Rang und
grofse Machtvollkommenheit, auch über die persönlichen Angelegenheiten der Akademiker,
übertragen , luid er hat es verstanden , eine Anzahl hervorragender Männer
des damaligen Europa nach Berlin zu ziehen. Er war dem Könige angenehm als
Gast; seine Conversation wurde von Einigen noch der von Voltaire vorgezogen;
ja in einem Augenblicke des Ärgers über Voltaire äufsert sich selbst der König in
diesem Sinne. Auch seine Ehrenhaftigkeit achtete der König hoch und hel)t sie
wiederholt hervor.
^laupertuis hatte ofi'enbar gute matliematische Kenntnisse: als Geodät, als
nautischer Astronom wurde ei- in seinem Vaterlande a;eschätzt. Das französische