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Geschichte der Königlich Preussischen ... - Warburg Institute

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193. Wilhelm von Humboldt's Denkschrift (September 1809—1810). 361<br />

Dals die höchste Regierung unsers Staats es ganz einsieht, wie wohlthätig<br />

die Wissenschaft vor allem für ein vom Schicksal hart getroffenes Volk ist, so<br />

wie unter Einzelnen <strong>der</strong>jenige sie eher und oft scheinbar ohne Nachtheil entbehren<br />

kann, <strong>der</strong>, mit offenen Sinnen in jugendlicher Lebensfülle vom Genius ausgestattet<br />

und vom Glück begünstigt, ganz frei lebt und handelt, aber wenn das Glück seine<br />

Gaben entzieht, das frische Leben ihn verläfst imd er sich nicht selbst eine eigenthümliche<br />

W^issenschaft gebildet hat, sich ärmlich und schwach fühlen wird — das<br />

beweisen ihre edlen ^'eranstaltungen , uns dieses Kleinod zu bewahren luid luis<br />

seinen völligsten Besitz zu sichern, das beweist die Bestimmung, welche sie luiserer<br />

Akademie vorbehält. Zu diesem Zwecke mit Ihnen, meine Herren, zu wirken, ist<br />

ein schöner Beruf. Lassen Sie mich hoffen, dafs Sie mir dabei Ihr Wohlwollen<br />

und Zutrauen erhalten und Ihre persönliclie Freundschaft schenken werden.<br />

N i e b u h r.<br />

193.<br />

(Vergl. Gescliiclite <strong>der</strong> Akademie S. 594 ff.).<br />

Wilhelm von H u 3i b o l d t ' s unvollendete Denkschrift "Über die innere<br />

und äussere Organisation <strong>der</strong> höheren wissenschaftlichen Anstalten<br />

in Berlin« (September 1809— 1810).<br />

[Original von Humboldt's Hand im Akademischen Arcliiv.]<br />

Der Begriff <strong>der</strong> höheren wissenschaftlichen Anstalten , als des Gipfels , in dem<br />

alles, was vmmittelbar für die moralische Cultur <strong>der</strong> Nation geschieht, zusammenkommt,<br />

beruht darauf, dafs dieselben bestimmt sind, die Wissenschaft im tiefsten<br />

und weitesten Sinne des Wortes zu bearbeiten, inid als einen nicht absichtlich,<br />

aber von selbst zweckmäfsig vorbereiteten Stoff <strong>der</strong> geistigen und sittlichen Bildung<br />

zu seiner Benutzung hinzugeben.<br />

Ihr Wesen besteht daher darin, innerlich die objective Wissenschaft mit <strong>der</strong><br />

subjectiven Bildung, äufserlich den vollendeten Schulunterricht mit dem beginnenden<br />

Studium unter eigener Leitung zu verknüpfen , o<strong>der</strong> vielmehr den Übergang von<br />

dem einen zum an<strong>der</strong>en zu bewirken. Allein <strong>der</strong> Hau})tgesichtspunkt bleibt die<br />

Wissenschaft. Denn sowie diese rein dasteht, wird sie von selbst und im Ganzen,<br />

wenn auch einzelne Abschweifungen vorkommen, richtig ergriffen.<br />

Da diese Anstalten ihren Zweck indefs nur erreichen können , wenn jede, so-<br />

viel als inuner möglich, <strong>der</strong> reinen Idee <strong>der</strong> Wissenschaft gegenübersteht, so sind<br />

Einsamkeit und Freiheit die in ihrem Kreise vorwaltenden Principien. Da aber<br />

auch das geistige W^irken in <strong>der</strong> Menschheit nur als Zusannnenwirken gedeiht, und<br />

zwar nicht blols, damit Einer ersetze, was dem An<strong>der</strong>en mangelt, son<strong>der</strong>n damit<br />

die gelingende Thätigkeit des Einen den An<strong>der</strong>en begeistei'e imd Allen die allge-<br />

meine, ursprüngliche, in den Einzelnen nur einzeln o<strong>der</strong> abgeleitet hervorstrahlende<br />

Ki-aft sichtbar werde, so mufs die innere Organisation dieser Anstalten ein ummter-<br />

brochenes, sich immer selbst wie<strong>der</strong> belebendes, aber ungezwungenes und absichts-<br />

loses Zusammenwirken hervoi'bringen und unterhalten.<br />

Es ist ferner eine Eigenthümlichkeit <strong>der</strong> höheren wissenschaftlichen Anstalten,<br />

dafs sie die Wissenschaft immer als ein noch nicht ganz aufgelöstes Problem be-<br />

handeln imd daher immer im Forschen bleiben, da die Schule es nur mit fertigen<br />

und abgemachten Kenntnissen zu thun hat und lernt. Das Verhältnifs zwischen<br />

Lehrer und Schüler wird daher durchaus ein an<strong>der</strong>es als vorher. Der erstere ist<br />

nicht für die letzteren, Beide sind für die Wissenschaft da; sein Geschäft hängt<br />

mit an ihrer Gegenwart imd würde, ohne sie, nicht gleich glücklich von statten<br />

gehen; er würde, wenn sie sich nicht von selbst um ihn versammelten, sie auf-

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