rudolf steiner gesamtausgabe vorträge - Freie Verwaltung des ...
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ein Arm fehlt; da betrachtet er sich als einen verstümmelten Menschen.<br />
Die Kinder, die so erzogen werden, wie es geschildert worden ist, die<br />
fangen mit dem vierzehnten, fünfzehnten Jahre an, sich als verstümmelt<br />
zu betrachten, wenn sie nicht durchströmt sind von moralischem<br />
Urteil und religiösem Gefühl. Sie fühlen dann, da fehlt ihnen etwas<br />
als Mensch. Und das ist dasjenige, was wir als bestes religiös-sittliches<br />
Erbgut den Menschen mitgeben können, wenn wir sie dazu erziehen,<br />
daß sie das Moralische und Religiöse so zu ihrem Menschentum gehörig<br />
betrachten, daß sie sich nicht als ganzer Mensch fühlen, wenn sie<br />
nicht moralisch durchströmt, religiös durchwärmt sind.<br />
Das kann man aber nur erreichen, wenn man nicht in einem zu<br />
frühen Alter mit einem Ideeninhalt <strong>des</strong> Religiösen und Moralischen<br />
kommt, sondern wenn man in dem entsprechenden Alter eben nur auf<br />
Empfindung und Gefühl wirkt. Kommt man mit dem Ideeninhalt vor<br />
dem zwölften, vor dem vierzehnten Lebensjahre, dann erzieht man<br />
Skeptiker, dann erzieht man solche Menschen, die später, statt der<br />
gesunden Einsicht gegenüber den anerzogenen Dogmen, Skepsis, zunächst<br />
die Skepsis <strong>des</strong> Gedankens - die macht noch das allerwenigste -,<br />
dann aber die Skepsis <strong>des</strong> Gefühles entwickeln, dadurch wird man<br />
ein schlecht fühlender Mensch. Und zuletzt die Skepsis <strong>des</strong> Willens,<br />
dadurch irrt man wirklich moralisch ab.<br />
Es handelt sich also darum, daß wir unsere Kinder nicht zur Skepsis<br />
erziehen dadurch, daß wir zu früh in sie dogmatisch Ideale, das Moralisch-Religiöse<br />
hineinbringen, sondern daß wir das Moralisch-Religiöse<br />
nur in ihr Gefühl hineingießen. Dann werden die Kinder im<br />
rechten Lebensalter erweckt zur eigenen freien Religiosität und Sittlichkeit.<br />
Die haben sie dann. Und sie fühlen, daß diese sie erst zum<br />
ganzen Menschen macht.<br />
Und so ist dieses Hinschauen auf den freien Menschen, auf den<br />
Menschen, der weiß, sich seine Richtung im Leben selber zu geben, dasjenige,<br />
was wir in der Waldorfschule vor allen Dingen erstreben.<br />
Die Waldorfschule ist ein in sich geschlossener Organismus, und es<br />
kann manches gerade bei den Prinzipien, die in dieser Schule herrschend<br />
sind, mißverstanden werden, wenn man nicht darauf sieht, wie<br />
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-<strong>Verwaltung</strong> Buch: 3 0 7 Seite: 2 3 3