rudolf steiner gesamtausgabe vorträge - Freie Verwaltung des ...
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Erkennen Sie das Denken als etwas Totes, so wie es heute als Denken<br />
gepflegt wird, erkennen Sie das Denken als einen Leichnam, dann<br />
beziehen Sie es auf etwas Leben<strong>des</strong>. Haben Sie nun auch den innerlichen<br />
Impuls, dieses Denken zu etwas Lebendem zu machen und dadurch<br />
unsere ganze Zivilisation zu beleben, dann erst kann aus unserer<br />
heutigen Zivilisation wiederum etwas ähnlich Praktisches hervorgehen,<br />
das an den lebenden Menschen herankommen kann, nicht an den Skelettmenschen,<br />
so wie die griechische Erziehung an den lebendigen Menschen<br />
herangekommen ist.<br />
Unterschätzen wir nicht die Empfindungen, von denen der Lehrende<br />
und Unterrichtende ausgehen kann und ausgehen muß. Die Lehrer der<br />
Waldorfschule haben zunächst einen seminaristischen Kursus durchgemacht.<br />
Da handelte es sich nicht bloß um Aneignung bestimmter<br />
Programmpunkte, da handelte es sich darum, daß dieser Kursus eine<br />
ganz bestimmte Seelen Verfassung gab: dasjenige, was unser Zeitalter<br />
als ein stolzestes Erbgut hat, zurückzuführen in das Innerste <strong>des</strong> Menschen,<br />
um das tote Denken zum lebendigen Denken, um das neutrale<br />
Denken zum charaktervollen Denken, um das natürliche, unorganische<br />
Denken zum charaktervollen, vom ganzen Menschen durchsetzten,<br />
eben «menschlichen» Denken zu machen. So daß der Gedanke zunächst<br />
im Lehrer beginnen muß zu leben.<br />
Wenn aber etwas lebt, so hat das Leben eine Folge. Der Mensch,<br />
der irgendwo und irgendwann ist, mit Geist, Seele, Körper, der eine<br />
bestimmte Gestalt, eine bestimmte Begrenzung hat, der bleibt nie beim<br />
Denken stehen: der fühlt und will. Und wenn Sie ihm einen Gedanken<br />
übermitteln, so ist der Gedanke der Keim eines Fühlens und Wollens,<br />
wird zu etwas Ganzem.<br />
Unser Denken, das hat zum Ideal, möglichst, wie man es nennt,<br />
objektiv zu sein, möglichst still und ruhig zu werden, ein ganz ruhiges<br />
Abbild der Außenwelt zu sein, nur der Erfahrung zu dienen. Da ist<br />
keine Kraft drinnen; da wird nichts daraus, was fühlt und will.<br />
Der Grieche, der ging vom körperlichen Menschen aus; den hatte er<br />
vor sich. Wir müssen von einem menschlichen Ideal ausgehen, das<br />
fühlt jeder, aber dieses Ideal darf nicht bloß gedacht sein, dieses Ideal<br />
muß leben, dieses Ideal muß die Kraft <strong>des</strong> Fühlens und Wollens haben.<br />
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Vei waltung Buch: 3 0 7 Seite: 7 0