rudolf steiner gesamtausgabe vorträge - Freie Verwaltung des ...
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Wort ein armseliges Aussprechen der abstrakten Gedanken. Es spricht<br />
ja auch unser Wort nur zu den abstrakten Gedanken. Bei dem Griechen<br />
war noch das Wort eine Aufforderung an den menschlichen Willen.<br />
Und im griechischen Organismus prickelte es noch, wenn eine Silbe<br />
ausgesprochen wurde, diese Silbe auch auszudrücken durch den ganzen<br />
Menschen. Der Grieche wußte noch, daß man sich nicht nur ausdrückt,<br />
indem man sagt: Das ist mir gleich -, sondern der Grieche wußte, wie<br />
es in ihm prickelte, wenn das Wort floß: Das ist mir gleich - nun<br />
auch diese entsprechenden Bewegungen zu machen. Es lebte das Wort<br />
nicht nur im Sprachorgan, es lebte in dem ganzen menschlichen Bewegungsorganismus.<br />
Das hat die Menschheit vergessen.<br />
Will man heute wiederum sich so recht vergegenwärtigen, wie das<br />
Wort, das die Aufforderung zur Geste noch im alten Griechenland<br />
war, durch den ganzen Menschen leben kann, dann muß man sich<br />
Eurythmie ansehen. In der Eurythmie ist alles nur ein Anfang, ich<br />
möchte sagen, ein schüchterner Anfang, das Wort wiederum in den<br />
Willen hineinzubringen, den Menschen, wenn man es auch noch nicht<br />
im Leben kann, wenigstens auf der Bühne so hinzustellen, daß in seinen<br />
Beinbewegungen, in seinen Armbewegungen das Wort unmittelbar<br />
lebt. Das ist ein schüchterner Anfang, muß heute noch als schüchterner<br />
Anfang genommen werden - auch wenn wir die Eurythmie in die<br />
Schule hineintragen -, das Wort wiederum zu einem bewegenden Motor<br />
wenigstens <strong>des</strong> ganzen Lebens zu machen.<br />
In Griechenland war aus dem Orient herüber noch ein ganz anderes<br />
Gefühl da. Da prickelte es, da drängte es den Menschen bei jeder Silbe,<br />
bei jedem Worte, bei jedem Satze, bei dem Rhythmus <strong>des</strong> Satzes, bei<br />
dem Takte <strong>des</strong> Satzes, den menschlichen Willen durch die Gliedmaßen<br />
sich offenbaren zu lassen. Da sah man das Wort, wie es schöpferisch in<br />
jeder Bewegung werden konnte.<br />
Aber da wußte man mehr. Da sah man in den Worten auch dasjenige,<br />
was nun in der Wolkenbildung, in dem Wachsen der Blumen,<br />
was in allen Naturerscheinungen lag. Da rollte das Wort, wenn die<br />
Woge rollte. Da wehte das Wort, wenn der Wind wehte. So wie in<br />
meinem Atem das Wort lebt, daß ich die entsprechende Bewegung<br />
mache, so fand der Grieche dasjenige, was im Worte lebte, in dem da-<br />
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-<strong>Verwaltung</strong> Buch: 307 Seite: 95