rudolf steiner gesamtausgabe vorträge - Freie Verwaltung des ...
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Und so erlebt man es in einer eigentümlichen Weise, wie die griechische<br />
Geisteskultur, die wir heute als etwas ganz ungeheuer Hohes<br />
ansehen, von dem damaligen nichtgriechischen Menschen angesehen<br />
wurde. Es ist uns ja überliefert die anekdotische Geschichte, daß ein<br />
Barbarenfürst Griechenland besucht hat, sich die Erziehungsstätten angesehen<br />
hat, mit einem der allervollkommensten Gymnasten Zwiesprache<br />
gepflogen hat. Der Barbar sagt: Ich kann nicht verstehen, was<br />
ihr eigentlich da für wahnsinniges Zeug treibt. Ich sehe, daß eure Jungen<br />
zuerst mit öl, dem Friedenszeichen, eingesalbt werden, dann mit<br />
Sand bestreut werden, so als ob sie nun zu besonders friedlichen Verrichtungen<br />
kommen sollten. Dann aber beginnen sie wie toll sich herumzutreiben,<br />
fassen einander an; der eine wirft sich auf den anderen,<br />
wirft ihn, stößt ihm das Kinn in die Höhe, so daß ein anderer hinzukommen<br />
und ihm die Schulter in Bewegung setzen muß, damit er nicht<br />
erstickt - es ist eine Beschäftigung, die ich nicht verstehe, die zum min<strong>des</strong>ten<br />
dem Menschen keinen Nutzen bringen kann. - So sagte der<br />
Barbar zu dem Griechen.<br />
Und dennoch, aus dem, was der Barbar so barbarisch an dem Griechen<br />
gefunden hat, ist die hohe geistige Kulturblüte Griechenlands<br />
hervorgegangen. Und gera<strong>des</strong>o wie der griechische Gymnast nur ein<br />
Lächeln hatte für den Barbaren, der nicht verstand, wie man den Körper<br />
pflegen muß, um den Geist zur Erscheinung zu bringen, so würde<br />
der Grieche, wenn er heute aufstehen könnte und unseren aus älteren<br />
Zeiten gebräuchlichen Unterricht und unsere Erziehung sehen würde,<br />
still in sich versenkt innerlich lächeln über das Barbarentum, das sich<br />
entwickelt hat seit dem Griechentum, und das von einer abstrakten<br />
Seele und von einem abstrakten Geist spricht. Auch der Grieche würde<br />
noch sagen: Das ist ja wie ein gerupftes Hühnchen; da habt ihr dem<br />
Menschen die Federn genommen. - Der Grieche würde dasjenige, was<br />
nicht, so wie angedeutet, im Knabenalter sich gewürgt und umeinander<br />
geworfen hat, eben barbarisch gefunden haben. Aber der Barbar konnte<br />
keinen Zweck sehen, keinen Nutzen finden in der griechischen Erziehung.<br />
Wenn man in dieser Weise den Menschheitslauf betrachtet und sieht,<br />
was in anderen Zeiten geschätzt worden ist, dann kann das doch schon<br />
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-<strong>Verwaltung</strong> Buch: 307 Seite: 41