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rudolf steiner gesamtausgabe vorträge - Freie Verwaltung des ...

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Und eine Umschreibung dieses Satzes: «Im Urbeginne war das<br />

Wort», war alle Weisheit, alle Wissenschaft in der alten Zeit. Und<br />

es lebte immer weniger das Wort, es lebte immer weniger der Logos in<br />

demjenigen, was man vorstellte, wenn man sprach: «Im Urbeginne<br />

war das Wort.» Es kam das Mittelalter, und der Logos starb - und<br />

man konnte vom Menschen aus nur noch den gestorbenen Logos vertragen.<br />

Diejenigen, die geschult werden sollten, die erzogen werden<br />

sollten, wurden es nicht nur, indem man ihnen den gestorbenen Logos<br />

gab, sondern indem man ihnen auch das gestorbene Wort gab: die lateinische<br />

Sprache im Absterben. Das sterbende Lautwort wird Erziehungsmittel<br />

bis ins 16. Jahrhundert hinein, wo eine Art innere Revolte<br />

dagegen entsteht.<br />

Was bedeutet die ganze Zivilisation bis zum 16. Jahrhundert hin?<br />

Das Absterben <strong>des</strong> menschlichen Gefühles für die Lebendigkeit <strong>des</strong><br />

Logos, wie er im Johannes-Evangelium enthalten ist. Das Festhalten<br />

selbst an der toten Sprache ist eine äußere Manifestation für dieses<br />

Absterben <strong>des</strong> Logos.<br />

Und möchte man kurz den Gang der Zivilisation bezeichnen, insofern<br />

dieser Gang fundamental bedeutsam ist gerade für das, was man<br />

als Erziehungsimpulse empfinden müßte, so müßte man eigentlich sagen:<br />

Dasjenige, was die Menschheit verloren hat, drückt sich am meisten<br />

darin aus, daß sie immer weniger und weniger so etwas verstand,<br />

wie es noch lebt durch das Johannes-Evangelium.<br />

Der Gang durch das Mittelalter hindurch, bis ins 16. Jahrhundert<br />

hinein, bedeutet in seinem Verlieren der inneren Gewalt, von so etwas<br />

wie das Johannes-Evangelium, gerade dasjenige, was heute die Menschheit<br />

entbehrt und was sie nach Erziehungsreformen schreien läßt. Und<br />

das richtige Korrelat wird die pädagogische Frage der Gegenwart erst<br />

dann haben, wenn man hinschauen kann auf das Kahle und Öde, das<br />

heute das Menschenherz mitbringt, wenn es das Johannes-Evangelium<br />

begreifen will, und es vergleicht mit der ungeheuren inneren Hingabe,<br />

die der Mensch damals entwickelte, als er glaubte, aus seinem eigenen<br />

Menschenwesen heraus in alle Schöpferkräfte der Welt versetzt zu<br />

werden, wenn er in sich erklingen ließ dasjenige, was schon bei dem<br />

ersten Satze <strong>des</strong> Johannes-Evangeliums eigentlich gemeint war: «Im<br />

Copyright Rudolf Steinet Nachlass-Veiwaltung Buch: 307 Seite:97

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