Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Drucksache 14/4792 – 82 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
den gemeldeten Stellen. Insgesamt erhöhte sich die Anzahl
der bei der Bundesanstalt für Arbeit gemeldeten
offenen Stellen im Jahresdurchschnitt um gut ein Zehntel
auf rund 513 000 Stellen. Dies beruhte allerdings alleine
auf einer Zunahme in den westlichen Bundesländern;
in Ostdeutschland hingegen ging der Bestand an
gemeldeten Stellen im zweiten Jahr in Folge zurück,
dieses Mal um mehr als 11 vH.
132. Das Nebeneinander von gemeldeten Stellen und
Arbeitslosen weist auf Mismatch-Probleme am Arbeitsmarkt
hin (JG 94 Ziffern 430 ff.). Entweder passten
die Qualifikationsanforderungen an den vakanten
Arbeitsplatz und die Qualifikation des Arbeitsuchenden
nicht zusammen (qualifikatorischer Mismatch),
oder Arbeitgeber und Arbeitsuchende sind an verschiedenen
Orten und nicht mobil (regionaler Mismatch),
oder beides trifft zu.
133. Eine einfache graphische Darstellung von Mismatch
am Arbeitsmarkt wird üblicherweise mit Hilfe
der Beveridge-Kurve vorgenommen. Die Beveridge-
Kurve ist der geometrische Ort der Kombinationen von
gemeldeten offenen Stellen und registrierten Arbeitslosen,
beide bezogen auf die abhängigen Erwerbspersonen,
in den einzelnen Jahren des Beobachtungszeitraums.
Streng genommen müssten die stille Reserve
und die verdeckte Arbeitslosigkeit in diesen Quoten
mitberücksichtigt werden. Doch vor allem die stille
Reserve ist mit großen Unsicherheiten behaftet, und
die Zeitreihe der verdeckten Arbeitslosigkeit geht nicht
weit genug zurück. Um über den Beobachtungszeitraum
von 30 Jahren Konsistenz sicherzustellen, wird
die Arbeitslosigkeit daher ohne Einrechnung dieser
Größen ausgewiesen. Die Lage eines Punktes auf der
Beveridge-Kurve kann einen Hinweis darauf geben, in
welchem Ausmaß Arbeitslosigkeit durch Mismatch
verursacht ist und ohne diesen durch die Besetzung
vorhandener Vakanzen beseitigt werden könnte. Rein
rechnerisch ist dies in dem Umfang möglich, in dem es
genauso viel offene Stellen wie Arbeitslose gibt oder
mehr offene Stellen als Arbeitslose. Das sind Kombinationen
auf und oberhalb der 45°-Linie.
Für das frühere Bundesgebiet zeigt die Beveridge-
Kurve in den Siebzigerjahren zunächst im Wesentlichen
den zu erwartenden, zum Ursprung hin konvexen
Verlauf (Schaubild 24). Dieser lässt sich dadurch erklären,
dass es beispielsweise bei sinkender Arbeitslosenquote
für Unternehmen zunehmend schwerer wird,
offene Stellen mit passenden Arbeitskräften zu besetzen,
zumal wenn deren berufliche oder regionale Mobilität
begrenzt ist. Beginnend mit der Rezession Ende
der Siebzigerjahre verschiebt sich die Beveridge-
Kurve nach außen. Vergleichbare Entwicklungen spielen
sich Mitte der Achtzigerjahre und noch einmal in
der ersten Hälfte der Neunzigerjahre ab. Seit dem Jahre
1997 scheint ein neuer, zum Ursprung hin konvexer Ast
der Kurve erreicht zu sein. Dieser liegt erheblich weiter
außen als noch im Laufe der Siebziger- und zu
Schaubild 24
Quote der gemeldeten
offenenStelleninvH 2)
4
Arbeitslosenquote und Quote der gemeldeten offenen Stellen 1)
1970
3
2
1971
1972
1973
0
45 -Linie
1
0
1974
1979 und 1980
1978
1977 1975
1976
1981
2000
1990
1992
1995
1991 1989
1988
1987
1986
1993 1994
1984 1985
1982
1983
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Arbeitslosenquote in vH 3)
1996
1999
1998
1997
1) Bis 1990 früheres Bundesgebiet; ab 1991 Deutschland.– 2) Gemeldete o ffene Stellen in vH der Erwerbspersonen. – 3) Arbeitslose in vH der abhängigen zivi-
len Erwerbspersonen.
Quelle: BA
SR 2000 - 12 - 0584