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Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 14/4792 – 198 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />

– Reform der Finanzverfassung, um die Eigenverantwortung<br />

der einzelnen Gebietskörperschaften im<br />

föderativen System zu stärken, die Kompetenzen<br />

klar abzugrenzen und damit den effizienten Einsatz<br />

öffentlichen Geldes zu sichern.<br />

In den ersten beiden Bereichen sind bereits wichtige<br />

Schritte getan worden. Diese Linie ist nun konsequent<br />

fortzuführen. Zu einer Reihe von Fragen müssen noch<br />

tragfähige Lösungen gefunden werden. Nach wie vor<br />

ungelöst sind die Fragen der Finanzverfassung. Hier<br />

besteht nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes<br />

vom 11. November 1999 und wegen der damit<br />

festgesetzten Fristen für eine Neuregelung der innerstaatlichen<br />

Finanzbeziehungen sogar akuter Handlungsbedarf.<br />

Steuerreform <strong>2000</strong>: Verlässliche Bedingungen sind<br />

gesetzt<br />

357. Das Gesetz über die Reform der Einkommenund<br />

Körperschaftsteuer ist mit der Entscheidung des<br />

Bundesrates vom 14. Juli <strong>2000</strong> verabschiedet worden.<br />

Damit ist die seit 1994 kontrovers geführte Diskussion,<br />

die zu einer Blockade bei den steuerpolitischen Entscheidungen<br />

geführt hatte, zu einem Ende gekommen.<br />

Schon dieses Ergebnis ist zu begrüßen, weil mit der<br />

Überwindung des Reformstaus in der Steuerpolitik<br />

verlässliche steuerliche Rahmenbedingungen für die<br />

nächsten Jahre gesetzt wurden. Das sollte bei Unternehmen<br />

und Bürgern die Vertrauensbasis für mehr Investitionen,<br />

Wachstum und Beschäftigung legen.<br />

Die Steuersätze bei der Einkommensteuer und bei der<br />

Körperschaftsteuer sind erheblich und auf ein im internationalen<br />

Vergleich übliches Niveau abgesenkt worden<br />

(Ziffern 161 ff.). Die Attraktivität des Investitionsstandorts<br />

Deutschland ist dadurch verbessert worden. Im Vergleich<br />

zu den ursprünglichen Plänen der Bundesregierung<br />

ist es im parlamentarischen Entscheidungsprozess<br />

zu einer stärkeren Senkung des Spitzensteuersatzes der<br />

Einkommensteuer gekommen, der nun – wenn auch erst<br />

im Jahre 2005 – auf 42 vH <strong>zur</strong>ückgeführt wird. Damit ist<br />

zumindest der Richtung nach der auch vom Sachverständigenrat<br />

immer wieder aufgestellten Forderung<br />

Genüge getan worden, den Thesaurierungssatz der Körperschaftsteuer<br />

und den Spitzensteuersatz der Einkommensteuer<br />

möglichst im Gleichschritt zu senken (JG 99<br />

Ziffer 325).<br />

Das Entlastungsvolumen der Steuerreform ist beträchtlich.<br />

Nimmt man alle einkommensteuerpolitischen<br />

Maßnahmen seit dem Regierungswechsel von 1998 zusammen,<br />

addiert man also die sich daraus jeweils ergebenden<br />

Entlastungen, so ergibt sich für das Jahr 2005<br />

ein Gesamtbetrag von etwa 95 Mrd DM (Entstehungsjahr-Rechnung).<br />

Davon gehen ganz sicher konjunkturell<br />

stützende Effekte aus, zudem ist damit zusätzlicher<br />

Freiraum für private wirtschaftliche Aktivitäten geschaffen<br />

worden.<br />

358. Zwar sind die Richtung der Reform und die<br />

durchaus erhebliche Entlastung der Privaten zu begrüßen,<br />

aber der dabei verfolgte konzeptionelle Ansatz<br />

hat Schwachstellen (JG 99 Ziffern 319 ff.). Dabei geht<br />

es vor allem um folgende Punkte:<br />

– Die Bundesregierung hat der Steuerreform – und<br />

auch der mit einem Gutachten beauftragten Kommission<br />

(„Brühler Empfehlungen“) – als Eckwert<br />

vorgegeben, dass die in einem Unternehmen einbehaltenen<br />

Gewinne steuerlich weniger belastet werden<br />

sollten als die ausgeschütteten Gewinne. Offenbar<br />

ist sie der Meinung, thesaurierte Gewinne<br />

würden zu arbeitsplatzschaffenden Investitionen<br />

führen, während dies bei ausgeschütteten Gewinnen<br />

nicht zu erwarten sei. Diese Auffassung teilen wir<br />

nicht. Die steuerliche Förderung der einbehaltenen<br />

Gewinne und damit die Förderung der Selbstfinanzierung<br />

im Vergleich <strong>zur</strong> Kapitalmarktfinanzierung<br />

kann außerdem nur denjenigen Unternehmen Vorteile<br />

verschaffen, die Gewinne erzielen. Dies kann<br />

strukturkonservierend wirken.<br />

– Bei der Körperschaftsteuer wird das bisherige Anrechnungsverfahren<br />

durch ein klassisches Körperschaftsteuersystem<br />

ersetzt, bei dem für einbehaltene<br />

und ausgeschüttete Gewinne ein einheitlicher,<br />

deutlich abgesenkter Steuersatz von 25 vH gilt. Da<br />

die ausgeschütteten Gewinne bei den Anteilseignern<br />

zusätzlich der persönlichen Einkommensteuer<br />

unterliegen, werden im Ergebnis einbehaltene Gewinne<br />

steuerlich weniger belastet als ausgeschüttete<br />

Gewinne. Das nunmehr eingeführte Halbeinkünfteverfahren<br />

kann diese Mehrbelastung nur<br />

abschwächen, nicht aber beseitigen (Ziffer 162).<br />

Die unterschiedliche Belastung der einbehaltenen<br />

und ausgeschütteten Gewinne führt zu Ungleichbehandlungen<br />

bei der Gewinnverwendung und kann<br />

Verzerrungen in der Kapitalallokation <strong>zur</strong> Folge haben.<br />

Das zentrale Argument für den Übergang zum Halbeinkünfteverfahren<br />

ist dessen angebliche „Europatauglichkeit“,<br />

die dem Anrechnungsverfahren wiederum<br />

abgesprochen wird, weil dieses von<br />

Ausländern nicht in Anspruch genommen werden<br />

kann. Das gilt allerdings auch für das Halbeinkünfteverfahren.<br />

Zwar sind technische Probleme des Anrechnungsverfahrens<br />

nicht zu bestreiten; es liegen<br />

aber Vorschläge <strong>zur</strong> Vereinfachung vor, die im Rahmen<br />

der Steuerreform hätten aufgegriffen werden<br />

können, statt das konzeptionell überlegene Anrechnungsverfahren<br />

abzuschaffen.<br />

– Eine wesentliche Anforderung an die Steuerreform<br />

war, dass auch die Unternehmen steuerlich entlastet<br />

werden, die als Einzelunternehmen oder als Personengesellschaft<br />

organisiert sind, also nicht der Körperschaftsteuer<br />

unterliegen. Das zunächst dazu vorgesehene<br />

technisch komplizierte und für die<br />

Unternehmen mit erheblichen Risiken verbundene<br />

Optionsmodell, gegen das nicht nur der Sachverständigenrat<br />

Bedenken vorgetragen hatte, ist nunmehr

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