Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 237 – Drucksache 14/4792<br />
Den Zugangsrentnern vom Jahre 2<strong>01</strong>1 an werden – bis<br />
zum Jahre 2030 kumulativ ansteigende – Abschläge<br />
angekündigt und zugemutet, und es wird erwartet, dass<br />
die Betroffenen sich darauf einstellen. Angesichts der<br />
demographischen Entwicklung und der wahrscheinlichen<br />
mittel- und langfristigen Entspannung auf dem<br />
Arbeitsmarkt erscheint uns daher die Ankündigung einer<br />
ab dem Jahre 2<strong>01</strong>0 gleitenden Anhebung des gesetzlichen<br />
Renteneintrittsalters bis auf 67 Jahre in 2030<br />
als eine sinnvolle und auch zumutbare Option, möglicherweise<br />
als eine Alternative zum Ausgleichsfaktor.<br />
463. Es ist eine bedauerliche Tatsache, dass in<br />
Deutschland die Bedeutung der betrieblichen Altersvorsorge<br />
seit Jahren rückläufig ist, bedauerlich insofern,<br />
als Betriebsrenten ein mit den Sozialrenten vergleichbares<br />
Leistungsspektrum haben und damit nicht<br />
nur das biometrische Risiko der Langlebigkeit absichern.<br />
Bei der betrieblichen Altersvorsorge ist zudem<br />
nicht nur eine Verlagerung der Kapitalmarktrisiken auf<br />
die Pensionskassen oder die Unternehmen gewährleistet,<br />
Männer und Frauen erhalten auch gleiche Monatsrenten<br />
bei gleichen Vorleistungen. Das heißt, anders<br />
als bei der (derzeitigen) Privatvorsorge bekommen<br />
Frauen aus Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung<br />
keine im Vergleich zu den Männerrenten niedrigeren<br />
Renten als Folge ihrer um etwa 20 vH höheren<br />
ferneren Lebenserwartung. Schließlich hat aufgrund<br />
der geringen Verwaltungskosten die betriebliche Altersvorsorge<br />
Effizienzvorteile, sprich ein besseres Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis im Vergleich <strong>zur</strong> Privatvorsorge.<br />
So belaufen sich zum Beispiel die Verwaltungskosten<br />
bei den Pensionskassen und bei der Direktzusage auf<br />
etwa 1 vH oder bei der Direktversicherung auf kaum<br />
5 vH, während bei der Privatversicherung mit 10 vH<br />
bis 15 vH und bei Fondsmodellen mit bis zu 20 vH gerechnet<br />
werden muss.<br />
Daher wäre es wünschenswert, das Entwicklungspotential<br />
dieser zweiten Säule dadurch zu stärken, dass<br />
die Leistungen der Arbeitnehmer zu kapitalgedeckten<br />
Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge, sei es<br />
in Form von eigenen Beiträgen, sei es durch Gehaltsumwandlungen<br />
gleichermaßen gefördert würden. Dies<br />
sollte auch für die Guthaben auf Arbeitzeitkonten gelten,<br />
sofern diese <strong>zur</strong> Alterssicherung festgelegt werden.<br />
Es müssen in diesem Zusammenhang die Unverfallbarkeit<br />
und Portabilität der Ansprüche gewährleistet<br />
sein.<br />
Da das Ziel der staatlichen Förderung der Aufbau eines<br />
kapitalgedeckten Ergänzungssystems ist, kann diese<br />
Förderung freilich nicht für die Arbeitnehmerbeiträge<br />
zu den umlagefinanzierten Zusatzversorgungssystemen<br />
des öffentlichen Dienstes gelten.<br />
Der Sachverständigenrat begrüßt den geplanten Ausbau<br />
der privaten Altersvorsorge. Gleichzeitig sehen wir<br />
es als einen Mangel an, wenn von der Förderung des<br />
Altersvorsorgesparens Impulse zu einem Rückbau von<br />
bestehenden betrieblichen Einrichtungen <strong>zur</strong> Altersvorsorge<br />
oder von tarifvertraglichen Vereinbarungen<br />
zu kapitalgedeckten Zusatzrenten ausgehen.<br />
464. Nach der Reform der Gesetzlichen Rentenversicherung<br />
muss ein nächster Schritt darin bestehen, die<br />
vorgesehene Sollvorschrift umzusetzen, wonach die<br />
Leistungsrücknahmen bei den gesetzlichen Renten in<br />
systemgerechter Weise auf die anderen staatlichen Alterssicherungssysteme<br />
übertragen werden sollen.<br />
465. Vorhersehbarkeit und Stetigkeit werden von uns<br />
als zentrale rentenpolitische Prinzipien angesehen. Gegen<br />
diese Prinzipien wurde in den letzten Jahren verstoßen.<br />
Und es ist zu befürchten, dass auch diese Reform,<br />
wenn sie in der vorliegenden Form Gesetz wird,<br />
nicht die wünschenswerte Dauerhaftigkeit aufweist;<br />
denn diese Reform geht vom steuerrechtlichen Status<br />
quo der Besteuerung der Sozialrenten nach deren Ertragsanteil<br />
aus (Ziffern 364 ff.). Dies hat <strong>zur</strong> Folge,<br />
dass eine seit langem geforderte und in absehbarer Zeit<br />
zu erwartende Änderung der Rentenbesteuerung in<br />
Richtung – nachgelagerte – Vollversteuerung aufgrund<br />
der damit verbundenen langfristigen Wirkungen auf<br />
Nettorenten und Rentenniveau zu einer neuerlichen<br />
Revision der Formeln für die Anpassung und die Berechnung<br />
der Zugangsrenten führen könnte. Aus diesem<br />
Grunde und im Interesse einer sicheren Lebensplanung<br />
der Beitragszahler und der Rentner ist zu<br />
hoffen, dass es gelingt, im Zuge der parlamentarischen<br />
Beratung die derzeit noch fehlenden Entscheidungen<br />
<strong>zur</strong> zukünftigen Rentenbesteuerung einzuarbeiten.<br />
466. Rentenpolitik ist immer auch intergenerative<br />
Umverteilungspolitik. Und bei jeder Rentenreform<br />
wird es immer Verlierer geben. Aus diesem Grund war<br />
es lange Zeit eine gute Tradition in Deutschland, Rentenpolitik<br />
gestützt auf breite politische Mehrheiten zu<br />
betreiben, auch um so die reformbedingten Verteilungseffekte<br />
einer möglichen wahlpolitischen Instrumentalisierung<br />
zu entziehen. Aus diesem Grund wäre<br />
es wünschenswert, wenn diese Reform in einem breiten<br />
politischen Konsens verabschiedet würde. Gleichwohl<br />
warnen wir davor, um eines Konsenses willen<br />
– etwa mit der Opposition oder mit den Gewerkschaften –<br />
von den Beitragszielen wie von dem Ziel eines möglichst<br />
umfassenden, kapitalgedeckten Ergänzungssystems<br />
ab<strong>zur</strong>ücken.<br />
V. Gesundheitspolitik: Nach der Reform<br />
ist vor der Reform<br />
Ziele und Befunde<br />
467. Die Ziele der staatlichen Gesundheitspolitik<br />
bestehen darin, über die Vorbeugung und Heilung<br />
von Krankheiten sowie die Rehabilitation nach